Volksfest: Unwetter zwingt zur Räumung des Platzes
Zum ersten Mal muss die Günzburger Wiesn wegen einer Unwetterwarnung abgebrochen werden. Warum die Organisatoren und Schausteller trotzdem zufrieden sind
Die Bilanz des Günzburger Volksfests verläuft positiv – auch wenn das Gelände am Freitagabend geräumt werden musste.
Günzburg Sie war fast ideal, die 67. Auflage des Günzburger Volksfests. Freitagmittag hatten sich Oberbürgermeister Gerhard Jauernig und die Schausteller bei ihrer Abschlussbesprechung im Festzelt noch über Bilderbuch-Volksfestwetter gefreut. „Das Wetter war optimal für uns“, hatte Zeltwirtin Ilse Hahn festgestellt. „Wir haben gute Besucherzahlen gehabt und sehr viel Lob bekommen für Essen und Musik.“Auch Schausteller-Sprecher Josef Eberhardt hatte sich sehr zufrieden gezeigt: Es sei nicht zu heiß und nicht zu nass gewesen. „Wir haben ein schönes Volksfest hinter uns gebracht.“
Doch der Freitagabend war noch nicht gekommen. Denn zu diesem Zeitpunkt erreichte eine Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes die Festleitung: Windböen von 101 Stundenkilometern und Hagelkörner mit einem Durchmesser von drei Zentimetern wurden erwartet. Bereits zuvor war festgelegt worden, was aus Sicht der Sicherheitskräfte nicht mehr tragbar war: Windstärke neun. Dann, so die Vorabsprache, werde evakuiert.
Die Warnung habe nichts anderes zugelassen als das Gelände und das Festzelt zu räumen, sagte Sabrina Schmidt, Sprecherin der Stadt. „Bei Windstärke zehn blieb nichts anderes übrig.“Nach einer Lagebesprechung vor Ort mit Einsatzkräften der Feuerwehr, Rettungsdienste, Polizei, mit dem Platzmeister und Vertretern des Ordnungsamtes wurden die Leute ab 20.05 Uhr nach Hause geschickt.
Die Besucher auf dem Freigelände wurden mit Megafonen aufgefordert, das Fest zu verlassen. Parallel dazu wurden die Betreiber der Fahrgeschäfte und Buden sowie die Zeltgäste mit einer Durchsage informiert. Die meisten hätten dafür Verständnis gehabt, sagte Schmidt. Nur vereinzelte Besucher, die vom drohenden Unwetter im Zelt nichts mitbekommen hatten, fanden den Zwangsabschied nicht so lustig – weil sie noch austrinken oder auf das bereits bestellte Essen warten wollten. Die Sicherheit der Feiernden ging aber vor.
Nach Schätzungen der Stadt waren zu diesem Zeitpunkt zwischen 2000 und 2500 Personen auf dem Gelände. „Um 20.30 Uhr war der Letzte vom Platz“, sagte Schmidt. „Alles lief sehr geordnet ab.“Das bestätigten auch Feuerwehr und Polizei. Die Feuerwehr sperrte beide Zufahrten zum Auweg und schickte Besucher, die nicht mit einem Fahrzeug da waren, an den Bahnhof als Sammelpunkt, damit sie dort von Angehörigen und Freunden abgeholt werden konnten.
Die Räumung des Platzes wegen eines Unwetters hat es in fast 70 Jahren Volksfestgeschichte noch nicht gegeben. Doch schon am Samstagmittag startete der Betrieb wieder planmäßig um 14 Uhr. Die Schausteller nahmen den Abbruch laut Sprecher Eberhardt gelassen. Er lobte die gute Reaktion der Verantwortlichen. Auch wenn es letztlich nur geregnet hatte – „lieber so, wie wenn was passiert wäre“, sagte er. In der Festwoche habe alles Wichtige gepasst. Dass Sicherheit vorgeht, findet auch Festwirt Michael Hahn. Der Freitagabend sei zwar „ein kleiner Wermutstropfen“und „wirtschaftlich nicht erfreulich“, aber insgesamt sei es für die Hahn-Familie sogar „einen Tick besser“gelaufen als im Vorjahr, sagte der Chef. Das Ambiente in Günzburg sei schön und die Atmosphäre familiär, traditionell und bodenständig.
Insgesamt sei es ein friedliches Fest gewesen, resümierte Stefan Müller, der Einsatzleiter des Sicherheitsdienstes. Mit seinem Team verantwortete er unter anderem die Einlasskontrollen. Das Konzept sei wie im Vorjahr sehr gut angekommen. Lediglich ein Besucher habe die Taschenkontrolle verweigert.
Einen Alkoholvorfall hob Müller hervor: Eine 13-Jährige wurde, wie von der Polizei berichtet, stark alkoholisiert im Auweg liegend gefunden. Eine Stunde lang hatte sie Müller zufolge dort gelegen, ehe eine Freundin das Sicherheitsteam informierte. Der Einsatzleiter ärgerte sich über die „vielen Gaffer“, die nicht geholfen hätten.
Es sei zwar gelungen, das Alkoholproblem auf dem Platz gegen Null zu reduzieren, allerdings habe es sich auf die umliegenden Parkplätze verlagert. Hier sei eng und erfolgreich mit der Polizei zusammengearbeitet worden. Die Polizei meldete ihrerseits fünf Körperverletzungsdelikte mit leicht- bis mittelschwer Verletzten, wobei die Beteiligten zum Teil erheblich unter Alkoholeinfluss gestanden hatten.
Oberbürgermeister Jauernig betonte, dass es kein Rundum-Sorglos-Paket gebe. „Aber wir versprechen, dass wir auch für die kommenden Jahre die Sicherheitskonzepte, wie mit allen Beteiligten besprochen, umsetzen werden.“Anfangs seien sie dafür belächelt worden, etwa das Gelände einzuzäunen. Doch das Feedback der Festbesucher sei positiv gewesen. Auf das 68. Fest freut sich Reiner Halbeck, der heuer seinen Einstand als Platzmeister gegeben hat: „Dankschee. Schee war’s. Bis zum nächsten Jahr“, sagte er.