Guenzburger Zeitung

Volksfest: Unwetter zwingt zur Räumung des Platzes

Zum ersten Mal muss die Günzburger Wiesn wegen einer Unwetterwa­rnung abgebroche­n werden. Warum die Organisato­ren und Schaustell­er trotzdem zufrieden sind

- VON STEPHANIE LORENZ

Die Bilanz des Günzburger Volksfests verläuft positiv – auch wenn das Gelände am Freitagabe­nd geräumt werden musste.

Günzburg Sie war fast ideal, die 67. Auflage des Günzburger Volksfests. Freitagmit­tag hatten sich Oberbürger­meister Gerhard Jauernig und die Schaustell­er bei ihrer Abschlussb­esprechung im Festzelt noch über Bilderbuch-Volksfestw­etter gefreut. „Das Wetter war optimal für uns“, hatte Zeltwirtin Ilse Hahn festgestel­lt. „Wir haben gute Besucherza­hlen gehabt und sehr viel Lob bekommen für Essen und Musik.“Auch Schaustell­er-Sprecher Josef Eberhardt hatte sich sehr zufrieden gezeigt: Es sei nicht zu heiß und nicht zu nass gewesen. „Wir haben ein schönes Volksfest hinter uns gebracht.“

Doch der Freitagabe­nd war noch nicht gekommen. Denn zu diesem Zeitpunkt erreichte eine Unwetterwa­rnung des Deutschen Wetterdien­stes die Festleitun­g: Windböen von 101 Stundenkil­ometern und Hagelkörne­r mit einem Durchmesse­r von drei Zentimeter­n wurden erwartet. Bereits zuvor war festgelegt worden, was aus Sicht der Sicherheit­skräfte nicht mehr tragbar war: Windstärke neun. Dann, so die Vorabsprac­he, werde evakuiert.

Die Warnung habe nichts anderes zugelassen als das Gelände und das Festzelt zu räumen, sagte Sabrina Schmidt, Sprecherin der Stadt. „Bei Windstärke zehn blieb nichts anderes übrig.“Nach einer Lagebespre­chung vor Ort mit Einsatzkrä­ften der Feuerwehr, Rettungsdi­enste, Polizei, mit dem Platzmeist­er und Vertretern des Ordnungsam­tes wurden die Leute ab 20.05 Uhr nach Hause geschickt.

Die Besucher auf dem Freigeländ­e wurden mit Megafonen aufgeforde­rt, das Fest zu verlassen. Parallel dazu wurden die Betreiber der Fahrgeschä­fte und Buden sowie die Zeltgäste mit einer Durchsage informiert. Die meisten hätten dafür Verständni­s gehabt, sagte Schmidt. Nur vereinzelt­e Besucher, die vom drohenden Unwetter im Zelt nichts mitbekomme­n hatten, fanden den Zwangsabsc­hied nicht so lustig – weil sie noch austrinken oder auf das bereits bestellte Essen warten wollten. Die Sicherheit der Feiernden ging aber vor.

Nach Schätzunge­n der Stadt waren zu diesem Zeitpunkt zwischen 2000 und 2500 Personen auf dem Gelände. „Um 20.30 Uhr war der Letzte vom Platz“, sagte Schmidt. „Alles lief sehr geordnet ab.“Das bestätigte­n auch Feuerwehr und Polizei. Die Feuerwehr sperrte beide Zufahrten zum Auweg und schickte Besucher, die nicht mit einem Fahrzeug da waren, an den Bahnhof als Sammelpunk­t, damit sie dort von Angehörige­n und Freunden abgeholt werden konnten.

Die Räumung des Platzes wegen eines Unwetters hat es in fast 70 Jahren Volksfestg­eschichte noch nicht gegeben. Doch schon am Samstagmit­tag startete der Betrieb wieder planmäßig um 14 Uhr. Die Schaustell­er nahmen den Abbruch laut Sprecher Eberhardt gelassen. Er lobte die gute Reaktion der Verantwort­lichen. Auch wenn es letztlich nur geregnet hatte – „lieber so, wie wenn was passiert wäre“, sagte er. In der Festwoche habe alles Wichtige gepasst. Dass Sicherheit vorgeht, findet auch Festwirt Michael Hahn. Der Freitagabe­nd sei zwar „ein kleiner Wermutstro­pfen“und „wirtschaft­lich nicht erfreulich“, aber insgesamt sei es für die Hahn-Familie sogar „einen Tick besser“gelaufen als im Vorjahr, sagte der Chef. Das Ambiente in Günzburg sei schön und die Atmosphäre familiär, traditione­ll und bodenständ­ig.

Insgesamt sei es ein friedliche­s Fest gewesen, resümierte Stefan Müller, der Einsatzlei­ter des Sicherheit­sdienstes. Mit seinem Team verantwort­ete er unter anderem die Einlasskon­trollen. Das Konzept sei wie im Vorjahr sehr gut angekommen. Lediglich ein Besucher habe die Taschenkon­trolle verweigert.

Einen Alkoholvor­fall hob Müller hervor: Eine 13-Jährige wurde, wie von der Polizei berichtet, stark alkoholisi­ert im Auweg liegend gefunden. Eine Stunde lang hatte sie Müller zufolge dort gelegen, ehe eine Freundin das Sicherheit­steam informiert­e. Der Einsatzlei­ter ärgerte sich über die „vielen Gaffer“, die nicht geholfen hätten.

Es sei zwar gelungen, das Alkoholpro­blem auf dem Platz gegen Null zu reduzieren, allerdings habe es sich auf die umliegende­n Parkplätze verlagert. Hier sei eng und erfolgreic­h mit der Polizei zusammenge­arbeitet worden. Die Polizei meldete ihrerseits fünf Körperverl­etzungsdel­ikte mit leicht- bis mittelschw­er Verletzten, wobei die Beteiligte­n zum Teil erheblich unter Alkoholein­fluss gestanden hatten.

Oberbürger­meister Jauernig betonte, dass es kein Rundum-Sorglos-Paket gebe. „Aber wir verspreche­n, dass wir auch für die kommenden Jahre die Sicherheit­skonzepte, wie mit allen Beteiligte­n besprochen, umsetzen werden.“Anfangs seien sie dafür belächelt worden, etwa das Gelände einzuzäune­n. Doch das Feedback der Festbesuch­er sei positiv gewesen. Auf das 68. Fest freut sich Reiner Halbeck, der heuer seinen Einstand als Platzmeist­er gegeben hat: „Dankschee. Schee war’s. Bis zum nächsten Jahr“, sagte er.

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Foto: Mario Obeser Gespenstis­che Leere zwischen den Fahrgeschä­ften und Buden auf dem Festplatz nahe des Bahnhofs. Letztlich regnete es nur stark, der angekündig­te Hagel blieb aus. „Wir sind glückliche­rweise von Schäden verschont geblieben“, sagte Platzmeist­er Reiner...
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Foto: Mario Obeser Ein ungewöhnli­cher drittletzt­er Volksfesta­bend. Am Freitag blieben nach der Räumung die Bänke im Zelt und im sich anschlie ßenden Biergarten leer. Vollbesetz­t finden hier insgesamt 3000 Personen Platz.
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Foto: Stephanie Lorenz An den letzten beiden Festtagen lief wieder alles in geordneten Bahnen. Das Wetter hielt, und die Besucher strömten aufs Festgeländ­e.

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