Guenzburger Zeitung

Was sich in unseren Gewässern tummelt

Natur Flüsse und Seen im Kreis bieten Lebensraum für viele Tierarten. Manche würde man bei uns gar nicht vermuten

- VON PETER WIESER

Landkreis Unsere Region ist geprägt von Gewässern. Donau, Mindel, Günz, Kammel, nicht zu vergessen die zahlreiche­n Bäche und natürlich auch die Baggerseen. Aber was ist denn da außer Fischen sonst noch so alles drin? Was tummelt sich eigentlich in den vielen Tümpeln, Teichen und Gräben? Gerade die sind ein Eldorado für Käfer aller Art, wie den Wasserläuf­er oder den Gelbrandkä­fer. Auch für Libellenla­rven sind sie ein idealer Lebensraum.

Manche von ihnen, wie die Larve der Quelljungf­er, gehen zunächst mehrere Jahre lang in Gewässern auf ihre Raubzüge. Ein weiterer Bewohner ist der Wasserskor­pion, ein Räuber, der langsam fließende und schlammige Gewässer bevorzugt. Er gehört übrigens nicht wie der Skorpion zu den Spinnentie­ren, sondern zu den Skorpionwa­nzen. Dann finden sich dort natürlich allerlei Schnecken und ihre Namen hören sich recht ungewöhnli­ch an: Da gibt es die Sumpfdecke­lschnecke, die Spitzschla­mmschnecke oder die Posthornsc­hnecke. Diese ist ein Allesfress­er, überwinter­t im Schlamm und ist in ganz Europa verbreitet.

Amphibien wie Bergmolch, Teichmolch und Frösche, aber auch Kleinfisch­e wie Elritze, Bitterling oder Stichling, siedeln sich ebenfalls gerne in Gräben und Tümpeln an, vorausgese­tzt, diese werden richtig gepflegt. Geht das Wasser in heißen Monaten zurück, ziehen sich mit diesem auch die Bewohner zurück.

Wie sieht es in unseren Bächen und Flüssen aus? Sieht man einmal von Forelle, Flussbarsc­h, Hecht und weiteren bei uns lebenden Flussfisch­en ab, dann gibt es dort noch ganz andere Bewohner. Nur noch selten anzutreffe­n ist bei uns der heimische Flusskrebs. Umweltvers­chmutzung und vor allem die Krebspest, die durch das Einbringen amerikanis­cher Krebssorte­n eingeschle­ppt wurde, haben ihn stark dezimiert. Der größte unter den europäisch­en Krebsarten ist der Edelkrebs, der auf der Roten Liste der gefährdete­n Tiere Bayerns geführt wird. Er kann eine Körperläng­e von bis zu 15 Zentimeter­n erreichen und ist bei uns nur noch in natürlich strukturie­rten Bächen, kleineren Flüssen und Seen mit entspreche­nden Uferbereic­hen zu finden.

Das Gleiche gilt auch für die Bachmusche­l. Gewässerve­rschmutzun­g durch Düngemitte­l und naturunver­trägliche Gewässerun­terhaltung­smaßnahmen haben zu einem Rückgang der Bestände geführt. Mit etwas Glück dagegen kann man eine ganz andere Bewohnerin treffen: die Ringelnatt­er. Die für den Menschen vollkommen ungefährli­che Schlange lebt nicht nur an Bächen, Flüssen und Seen, sie ernährt sich mit Vorliebe von Fröschen, Kröten, Molchen und auch Fischen. Begegnet man einer im Wasser schwimmend­en Ringelnatt­er, so ist dies nichts Ungewöhnli­ches. Keine Panik, sie ist harmlos.

Und was schwimmt in unseren Badeseen herum, so neben Karpfen, Zander oder Schleie? Erinnerung­en an die Schnappsch­ildkröte „Lotti“, die vor vier Jahren angeblich am Oggenriede­r Weiher bei Irsee einen Jungen ins Bein gebissen und für einen gewaltigen Medienrumm­el gesorgt hatte, kommen auf. Eine „Lotti“gibt es in unseren Seen mit Sicherheit nicht. Tatsache aber ist: In den vergangene­n Jahrzehnte­n soll auch bei uns die extrem seltene und überwiegen­d im Wasser lebende Europäisch­e Sumpfschil­dkröte gesichtet worden sein. Ob es sich wirklich um diese handelte, oder vielmehr um die gar nicht zu uns gehörende Rotwangen- oder Gelbwangen­schmucksch­ildkröte, ist nicht geklärt. Also: Augen auf, vielleicht könnte es doch einmal eine solche Sensation geben.

Doch zurück zu den Badeseen. Ist es extrem warm, können sich auch bei uns Süßwasserq­uallen bilden. Sie wurden vermutlich 1880 als blinde Passagiere mit einer Seerosenli­eferung aus Brasilien über England nach Deutschlan­d eingeschle­ppt. Die etwas glitschige­n, etwa zweieinauf halb Zentimeter großen Tierchen, auch Medusen genannt, brennen nicht auf der Haut und sind für den Menschen ungefährli­ch. Eine ebenfalls interessan­te Art ist die Wasseroder auch Silberspin­ne. Sie ist die einzige im Wasser lebende Spinnenart, bezieht mit einer Luftblase, ähnlich wie eine Taucherglo­cke, ihre Atemluft. Unter Wasser macht sie Jagd nach Flohkrebse­n und Wasserasse­ln. Aber keine Bange: Auch was sich sonst noch in unseren Seen tummelt, für den Menschen sind diese Wasserbewo­hner ungefährli­ch. Vielmehr sind sie ein Indikator für eine gute Wasserqual­ität.

„Unsere Gewässer sind Leben – direkt vor der Haustür“, sagt Ottmar Frimmel. Gerade die Donauauen seien die Urwälder Europas, der einheimisc­he Dschungel, fügt der Naturschut­zbeauftrag­te hinzu und meint dabei nicht allein die dort vorkommend­en Lebewesen, sondern spricht auf den Kreislauf der Nahrungske­tte an. Diese beginne bei Kleinstleb­ewesen, räuberisch­en Larven und Fischen, die wiederum als Nahrung für andere im und am Wasser lebende Arten dienten. Nur: Die Menschen befassten sich viel zu wenig mit der Thematik. Man sollte nicht einfach daran vorbeilauf­en, sondern daran verweilen.

Vielleicht hat man dann tatsächlic­h das Glück, besondere Schauspiel­e zu beobachten: einen am Ufer vorbeizieh­enden Biber oder eine Bisamratte. Oder einen sich durchs nasse Gras windenden Aal auf dem Weg in das Gewässer daneben.

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Fotos: Peter Wieser Gewässer sind Leben und sie befinden sich direkt vor unserer Haustür. Nicht umsonst kann man die Donauauen als die Urwälder Europas bezeichnen.
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Was schaut denn da aus dem Wasser? Unsere Flüsse und Seen sind Lebensraum für eine ganze Reihe an Tierarten.
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Auch die Larve der Quelljungf­er ver bringt mehrere Jahre in Gewässern.
 ??  ?? Karpfen, Forelle, Barsch und Co: Flüsse und See bieten Lebensräum­e.
Karpfen, Forelle, Barsch und Co: Flüsse und See bieten Lebensräum­e.

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