Medikamente für Schwaben
Gesundheit 2016 hat die Apotheke am BKH Günzburg 7400 Rezepturen für Patienten erstellt
Günzburg Drei klinische Vollapotheken gibt es in Schwaben, und eine davon ist in Günzburg. Das Landratsamt hat die erste Betriebserlaubnis für die örtliche KrankenhausApotheke 1977 erteilt – also vor 40 Jahren. Heute versorgt die Apotheke des Bezirkskrankenhauses (BKH) neun Kliniken, sieben Rettungswachen, ein Herzkatheterlabor sowie mehrere Therapie- und Reha-Einrichtungen nicht nur mit Arzneimitteln. „Pro Tag werden durchschnittlich 75 Kostenstellen beliefert, freitags 110. Vergangenes Jahr wurden insgesamt mehr als 230 000 Anforderungen bearbeitet“, sagt der Leitende Apotheker FranzJoseph Seidel. Der 58-Jährige leitet die Apotheke seit September 2000.
Die Apotheke ist organisatorisch ins Dienstleistungs- und Logistikzentrum am BKH eingegliedert, muss aber aus rechtlichen Gründen eine eigenständige Abteilung sein. Eine wichtige Aufgabe ist die Beratung. Ihre Mitarbeiter tauschen sich beinahe täglich mit dem ärztlichen und pflegerischen Personal der Standorte darüber aus, welche Arzneimittel für die Patienten die besten sind. Im halbjährlichen Turnus finden Stationsbegehungen statt. Dann überprüfen die Mitarbeiter der Krankenhausapotheke vor Ort die Lagerhaltung und den Umgang mit den Arzneimitteln. Die Klinikapotheke richtet pro Jahr etwa zehn Arzneimittel-Konferenzen aus. Zusammen mit Chef- und Oberärzten, Verwaltungsleitern und Pflegedirektoren werden hier Entscheidungen über das Arzneimittelsortiment getroffen. Etwa 10,2 Millionen Euro Umsatz hat er im vergangenen Jahr mit 21 Beschäftigten gemacht. Zehn von ihnen sind Teilzeitkräfte.
Eine große Bedeutung hat die Eigenherstellung von patientenbezogenen Produkten – „weil man sie nicht kaufen kann“, wie Seidel sagt. Von 7400 Rezepturen, die 2016 hergestellt wurden, waren 7000 Zytostatika. Sie werden vor allem zur Behandlung von Krebs (Chemotherapie) eingesetzt, teilweise auch bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen. Produziert werden in Günzburg neben sterilen Injektionen und Infusionen auch Lösungen, Säfte, Salben, Cremes, Gele, Emulsionen, Pasten, Pulver, Kapseln und Diagnostika (Lösungsmittelgemische). Seidel sagt: „Wir machen viele Individualrezepturen für Konsilanordnungen von Hautärzten zum Beispiel zur Behandlung von Schuppenflechten oder für Patienten in der Schmerztherapie.“
Die Stationen bestellen online und bekommen die Ware meist noch am selben Tag geliefert. Möglich machen dies die betriebseigene Logistik und der Kommissionierautomat der Apotheke. Dabei handelt es sich um ein System aus zwei Schrägregalwänden, die von außen befüllt werden und bei dem in der Mitte ein Kommissionier-Roboter vor- und zurückfährt. Etwa 80 Prozent des Vorrates lagern in diesem Automaten. Der Rest wird per Hand in die einzelnen Transportboxen und Container gepackt, die dann auf die Reise durch Schwaben geschickt werden, heißt es in der Mitteilung.
Wenn er an die nahe Zukunft denkt, bereiten zwei Dinge Seidel Kopfzerbrechen. Da ist das Entlassmanagement. Dazu soll die Klinik feststellen, ob und welche Unterstützung ein Patient nach dem Aufenthalt benötigt und etwa für die Beschaffung notwendiger Hilfsmittel sorgen oder Medikamente verordnen. „Da werden wir Apotheker bestimmt verstärkt gefragt sein“, sagt er. Zum anderen sind nicht zuletzt aufgrund der Globalisierung einzelne Präparate immer schwerer zu bekommen. Das bedeutet für Seidel und seine Kollegen, in größeren Zeiträumen zu denken, größere Puffer einzubauen, aber darauf zu achten, dass das Verfallsdatum der Produkte nicht überschritten wird. Und zu schauen, welche Präparate austauschbar sind, damit Lieferengpässe die Therapie der Patienten nicht negativ beeinflussen.