Staat geht gegen Linksextremisten vor
Verbot Die wichtigste Internetplattform der Szene wird geschlossen. Dort hatten Radikale auch zu den Krawallen während des G20-Gipfels aufgerufen. Bei einer Razzia werden Waffen gefunden
Berlin Nicht erst bei der Vorbereitung und Organisation der schweren Krawalle während des Hamburger G20-Gipfels spielte die linksextremistische Internetplattform linksunten.indymedia.org eine zentrale Rolle. Seit Jahren rufen Autonome dort auch zu gewalttätigen Protesten auf. Jetzt hat das Innenministerium die Seite verboten.
In Baden-Württemberg wurden gestern in den Morgenstunden fünf Objekte durchsucht, darunter die Räume des sogenannten „Kulturtreffs in Selbstverwaltung“in Freiburg. Dort treffen sich nach Behördenangaben regelmäßig die Personen, die hinter der Plattform stehen. Insgesamt 250 Polizisten waren an dem Einsatz beteiligt, bei dem neben Computern auch Waffen beschlagnahmt wurden – darunter Messer, Schlagstöcke und Schleudern. Festnahmen oder Verhaftungen gab es nicht. Den drei in Freiburg lebenden Betreibern der Seite wurde nach Angaben des Innenministers eine Verbotsverfügung zugestellt. Ab sofort sei der Weiter- betrieb der Seite strafbar. Die Webseite war gestern zumindest zeitweise nicht mehr erreichbar.
Laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière nutzen gewaltbereite Linke die Internetseite seit Jahren, „um Hass gegen Andersdenkende und Repräsentanten des Landes zu säen“. Detaillierte Anleitungen zum Bau von Brandsätzen seien dort zu finden, gezielt werde auch zu Angriffen gegen Menschen aufgerufen. Beispielhaft für den gewaltverherrlichenden Ton, der dabei angeschlagen wird, ist ein Aufruf an die linksextremistische Szene vom Dezember: Die Verfasser raten Autonomen dazu, sich – offenbar im Hinblick auf die geplanten G20-Krawalle – mit Feuerwerkskörpern einzudecken. „Im Gegensatz zu Steinen und Flaschen braucht ihr mit einem Böller einen Bullen nicht treffen“, heißt es da. Und weiter: „Was ist schon ein Bulle mit Kratzer am Helm gegen fünf mit Knalltrauma.“
Unter dem Schutz der Anonymität wurden laut de Maizière auf der Plattform fast täglich „höhnische“Bekennerschreiben zu Straftaten im ganzen Bundesgebiet veröffentlicht – etwa Anschläge auf Polizisten oder Infrastruktureinrichtungen. Dies überschreite „jede Grenze einer tolerierbaren Protestkultur. Das Portal veröffentlichte regelmäßig auch Namen von echten oder vermeintlichen Rechtsextremen – kaum verhohlene Aufforderungen zu Attacken auf diese Personen. Eine Solidaritätserklärung für drei flüchtige Mitglieder der einstigen „Rote Armee Fraktion“, denen mehrere Raubüberfälle angelastet werden, findet sich ebenfalls auf der Seite.
Die Vorbereitung des Verbots lief schon seit geraumer Zeit, deutete ein Sprecher des Innenministeriums an. Die schweren Krawalle während des G20-Gipfels in Hamburg haben die Dinge dann beschleunigt. Auf „Linksunten“waren lange vor Beginn des Treffens der Staats- und Regierungschefs Aufrufe zu gewalttätigen Störaktionen veröffentlicht worden. Justizminister Heiko Maas sprach von einem wichtigen Schlag gegen gewaltbereite Linksextremisten. Kritik kam dagegen aus der Linkspartei, die von einer „willkürlichen Beschneidung der Meinungsund Pressefreiheit“sprach.
Bereits im Januar 2016 hatte das Innenministerium die Internetplattform „Altermedia Deutschland“verboten – gewissermaßen das rechtsextremistische Pendant zu „linksunten.indymedia“.
Im Kommentar erklärt Bernhard Junginger, dass sich der Staat keine Blindheit gegen irgendeine Richtung des Extremismus leisten kann.