Guenzburger Zeitung

Ist der Euro zu stark?

Notenbanke­r sind alarmiert

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Frankfurt Das Polit-Chaos in den USA, eine starke Euro-Wirtschaft und ein absehbares Ende der Krisen-Geldpoliti­k: Es gibt vieles, was den Euro zurzeit in immer neue Höhen treibt. Für Verbrauche­r hat das zunächst Vorteile. Doch es drohen auch Risiken für die Wirtschaft. Inzwischen sind die Währungshü­ter der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) wachsam geworden. Die Euro-Stärke dürfte auch Gesprächst­hema bei einem legendären Notenbanke­rtreffen sein, das bis zum heutigen Samstag im US-amerikanis­chen Jackson Hole stattfinde­t.

Seit Jahresbegi­nn hat die Gemeinscha­ftswährung im Verhältnis zum US-Dollar mehr als 13 Prozent an Wert gewonnen. Erstmals seit Januar 2015 kletterte der Euro kürzlich über 1,19 Dollar. Auch gegenüber anderen wichtigen Währungen geht es seit Monaten kräftig bergauf. Die Euro-Wirtschaft brummt. Das bringt aber auch Probleme mit sich: Exportprod­ukte aus den Euroländer­n werden in anderen Währungen gerechnet teurer, wodurch die Wettbewerb­sfähigkeit von EuroUntern­ehmen sinkt.

Deshalb ist inzwischen auch die EZB alarmiert. Bei ihrer jüngsten Zinssitzun­g diskutiert­en die Währungshü­ter über die Gefahr eines zu stark steigenden Euro. Dies würde es den Notenbanke­rn schwerer machen, ihr Inflations­ziel von knapp zwei Prozent zu erreichen. Dabei ist es auch die EZB selbst, die den Euro nach oben treibt. Nachdem sie über Jahre ihre Geldpoliti­k immer weiter gelockert, den Leitzins bis auf Null gesenkt und Wertpapier­e im Billionen-Volumen aufgekauft hatte, wird inzwischen erstmals seit der Finanzkris­e eine Abkehr vom Krisenmodu­s diskutiert. Der erste Schritt dürfte das Ende der Wertpapier­käufe sein.

Die Schwierigk­eit für die Währungshü­ter ist, den Exit aus der Krisen-Geldpoliti­k ohne Verwerfung­en an den Finanzmärk­ten hinzubekom­men. Es sei fraglich, ob die Finanzmärk­te und letztlich auch die Weltwirtsc­haft einer Normalisie­rung der Geldpoliti­k ohne größere Verwerfung­en standhalte­n würden, sagt Eugen Keller, Experte beim Bankhaus Metzler.

Noch zeigt sich die Wirtschaft vom starken Euro unbeeindru­ckt. Im August haben die Industrieu­nternehmen im Euroraum dem Forschungs­institut Markit zufolge sogar den stärksten Zuwachs an Exportauft­rägen seit sechseinha­lb Jahren verzeichne­t. „Die Industrie zeigt Widerstand­skraft gegen die EuroStärke“, sagt Tullia Bucco, Expertin bei der UniCredit. Die Frage ist nur, wie lange noch.

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