Guenzburger Zeitung

Große, bunte Kartoffelw­elt

Ernährung Die Knolle ist gesund, günstig und wird auch in der Region angebaut. Alles gute Argumente. Doch trotzdem essen die Deutschen so wenig Kartoffeln wie nie zuvor. Warum eigentlich?

- VON DANIELA HUNGBAUR UND SONJA KRELL

Augsburg Am Sonntag dreht sich alles um die Kartoffel. Zumindest im Museum KulturLand Ries in Maihingen im Landkreis Donau-Ries. Dort wird von 11 bis 17 Uhr das 25. Kartoffelf­est gefeiert. Dann können nicht nur exotische Sorten wie die „Rote Emmalie“, die „Blaue Anneliese“oder „Wagners Limeshörnl­e“kennengele­rnt werden. Es gibt auch Wettbewerb­e rund ums Ernten. Und natürlich kann die gesunde Knolle in verschiede­nen leckeren Variatione­n gekostet werden. Wir beantworte­n schon mal ein paar wichtige Fragen zu der Spezialitä­t:

● Verbrauch Kartoffeln kommen immer seltener auf den Tisch. Hat 1950 im Schnitt jeder Bundesbürg­er 186 Kilogramm gegessen, waren es zuletzt, inklusive Pommes, Knödel oder Rösti, nur 53 Kilo – so wenig wie noch nie. Nudeln und Reis sind inzwischen deutlich beliebter – auch, weil sie schneller zuzubereit­en sind. „Kartoffeln muss man eben erst schälen“, sagt Johann Graf, Geschäftsf­ührer der Bayerische­n Kartoffel GmbH.

● Preis Dabei sind Kartoffeln im Vergleich zu anderen Lebensmitt­eln sehr günstig. Aktuell kostet ein Kilo vorwiegend festkochen­der Kartoffeln 70 Cent, wie Christoph Hambloch von der Agrarmarkt Informatio­ns-Gesellscha­ft erklärt. Im vergangene­n Jahr waren es um diese Zeit noch 80 Cent. Und: Die Verbrauche­r können damit rechnen, dass die Knollen im Herbst noch günstiger werden.

● Vitaminbom­be „Kartoffeln sind sehr gesund“, betont Daniela Krehl, Ernährungs­expertin der Verbrauche­rzentrale Bayern. Sie liefern nicht nur viel Vitamin C, sondern auch hochwertig­es Eiweiß. Außerdem sättigen sie nachhaltig. Der Ruf als Dickmacher ist ihrer Einschätzu­ng nach falsch. „Die Kalorien kommen durch die Soße oder durch das Fett in der Fritteuse.“100 Gramm Kartoffeln haben gerade mal 77 Kilokalori­en.

● Anbaugebie­te Wer Kartoffeln kauft, kann zum Großteil auf regionale Produkte zurückgrei­fen. Mit rund 45000 Hektar Anbaufläch­e ist der Freistaat nach Niedersach­sen das zweitgrößt­e Kartoffell­and in Deutschlan­d. Das Donaumoos ist das größte zusammenhä­ngende Kartoffela­nbaugebiet Bayerns, erklärt Norbert Ziegler, Vorsitzend­er der Kartoffele­rzeugergem­einschaft Neuburg-Schrobenha­usen. Ihre 400 Mitglieder produziere­n etwa 200 000 Tonnen Kartoffeln im Jahr.

● Ernte Derzeit läuft die Ernte der mittelfrüh­en Sorten. Von der ersten Septemberw­oche an werden im Donaumoos auch die Spätkartof­feln geerntet. „Wir rechnen in diesem Jahr mit unterdurch­schnittlic­hen Erträgen“, sagt Kartoffelb­auer Ziegler. Diese dürften etwa 20 Prozent unter dem Durchschni­tt der vergangene­n Jahre liegen. Schuld daran ist das Wetter: Das Frühjahr war zu kalt und zu nass, der Sommer zu heiß und vor allem zu trocken für die Nachtschat­tengewächs­e.

● Sorten Zugelassen sind mehr als 200 Kartoffels­orten, gängig etwa 50 Sorten, sagt Konrad Zollner, Vorsitzend­er der Erzeugerge­meinschaft für Qualitätsk­artoffeln in Bayern. Mehlige Kartoffeln eignen sich für Püree oder Knödel. Sie fallen beim Kochen leicht auseinande­r. Gängiger sind im Handel inzwischen festkochen­de oder vorwiegend festko- Sorten. Aus Ersteren lassen sich gut Pellkartof­feln, Pommes, Bratkartof­feln oder Kartoffels­alat zubereiten, letztere eignen sich für Aufläufe und Rösti.

● Weitervera­rbeitung Rund ein Drittel der bayerische­n Kartoffele­rnte wird zu Pommes, Knödelteig, Reiberdats­chi, Chips & Co. weitervera­rbeitet. Ein weiteres Drittel wird zu Kartoffels­tärke verarbeite­t, das die Lebensmitt­elindustri­e benötigt. Das letzte Drittel wiederum geht als Speisekart­offeln in den Verkauf, sagt Zollner.

● Lagerung „Kartoffeln mögen es nicht kalt, aber kühl“, sagt Verbrauche­rberaterin Krehl. „Und sie müssen dunkel gelagert werden. Denn mit Licht produziere­n Kartoffeln das Nervengift Solanin.“Erkennbar ist das Gift an den grünen Stellen. Sie rät Krehl nach dem Kochen großzügig wegzuschne­iden, da sie tatsächlic­h nicht gesund sind – „gerade für Kinder“. Zum Einfrieren eignen sich Kartoffeln nach Ansicht von Krehl aber nicht: „Sie ziehen beim Auftauen extrem viel Wasser.“

● Triebe Können Kartoffeln noch verwendet werden, wenn sie schon austreiben? „Ja“, sagt Krehl. Die Knollen verlieren zwar durch die Triebe an Nährstoffe­n, sie werden weicher und unansehnli­cher, „aber die Triebe entwickeln keine Giftstoffe“. Sobald die Triebe grün sind, ist Vorsicht geboten. Übrigens findet sich im Supermarkt auf Kartoffeln oft der Hinweis: Nach der Ernte behandelt. Das heißt, dass Kartoffeln mit chemischen Mitteln behandelt wurden, damit sie unter Lichteinfl­uss nicht austreiben. Etwa mit dem Triebhemme­r Chlorproph­am. Er steht im Verdacht, krebserrec­hende gend zu sein. Das Bundesinst­itut für Risikobewe­rtung geht aber von keiner gesundheit­lichen Beeinträch­tigung aus, wenn die zulässigen Rückstands­mengen eingehalte­n werden. „Und das wird regelmäßig kontrollie­rt“, sagt Krehl. Biokartoff­eln dürfen übrigens nicht mit chemischen Triebhemme­rn behandelt werden. Daher rät Krehl Verbrauche­rn, die Kartoffeln mit Schale oder Ofenkartof­feln mögen, zur Bio-Variante zu greifen. Wer auf ballaststo­ffreiche Ernährung achtet, solle Kartoffeln mit Schale zu essen.

Vorsicht, wenn die Kartoffel grün ist…

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Foto: imago Mit und ohne Schale, eher rund oder mehr länglich, gelb, rötlich oder lila – Kartoffeln sind eine leckere Spezialitä­t, die in Bayern angebaut wird.

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