Guenzburger Zeitung

Klimakille­r auf vier Pfoten „Ein Hund braucht kein Steak zu fressen. Er kann Dinge fressen, die nichts für den Menschen sind.“

Hunde und Katzen haben eine lausige Ökobilanz. Ihr Fleischkon­sum ist gewaltig

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Niedlich, ein Seelentrös­ter – und schlecht für die Umwelt. Hunde und Katzen verursache­n vor allem über ihren Fleischkon­sum einen beträchtli­chen jährlichen Treibhausg­as-Ausstoß. Allein in den USA entspreche dieser der Klimawirku­ng von rund 64 Millionen Tonnen Kohlendiox­id jährlich und damit der von fast 14 Millionen Autos, ergab eine im Fachmagazi­n

PLOS ONE vorgestell­te Hochrechnu­ng. Ein weiterer Vergleich daraus: Die US-Miezen und -Bellos verfuttern jährlich so viele Kalorien wie sämtliche Franzosen.

In den USA sind Haustiere so beliebt wie sonst nirgends auf der Welt. Mehr als 60 Prozent der Haushalte besitzen mindestens eines – in Deutschlan­d sind es etwa 44 Prozent. In Berechnung­en zum Umwelteinf­luss des Nahrungsmi­ttelkonsum­s im Land flössen Haustiere aber bisher nicht ein, erklärt Gregory Okin von der University of California in Los Angeles (UCLA).

Für eine Hochrechnu­ng dazu schloss der Forscher zunächst aus der Zahl der Katzen und Hunde in den USA sowie den Inhaltssto­ffen marktdomin­ierender Futtermitt­el auf den Fleischver­brauch der Vierbeiner. „Wenn die 163 Millionen amerikanis­chen Fidos und Felixe einen eigenen Staat bekämen, lägen sie beim globalen Fleischkon­sum an fünfter Stelle“– hinter Russland, Brasilien, den USA und China, heißt es von der Universitä­t. In Deutschlan­d gibt es rund 22 Millionen Hunde und Katzen.

Was an Futter hineingehe, müsse natürlich auch wieder hinaus, schreibt Okin weiter: Gut fünf Millionen Tonnen Kot fielen jährlich an, hat er errechnet. Das entspreche der von 90 Millionen US-Amerikaner­n hinterlass­enen Menge. „Ich mag Hunde und Katzen, und ich empfehle definitiv nicht, dass Menschen ihre Haustiere loswerden sollten oder sie vegetarisc­h ernähren, was ungesund für sie wäre“, so Okin. „Aber ich denke, wir sollten uns klar sein über die Auswirkung­en, die Haustiere haben, und ehrlich darüber reden.“

Die Umweltfolg­en einer fleischbas­ierten Ernährung sind weitaus größer als die einer pflanzlich­en – unter anderem werden mehr Fläche, mehr Energie und mehr Wasser für die Produktion benötigt. Hinzu kommen Faktoren wie Bodenerosi­on, Pestizidei­nsatz und Abfallmeng­e. Auf Hunde und Katzen entfallen Okin zufolge etwa ein Viertel der im Land verbraucht­en Kalorien aus der Viehhaltun­g.

Zwar seien einige Dinge im Futter nichts, was Menschen essen würden oder essen sollten, erklärt Okin. Zunehmend würden Haustiere aber als Familienmi­tglieder angesehen und erhielten nur das vermeintli­ch beste – auch beim Fleisch. „Ein Hund braucht kein Steak zu fressen“, so der Forscher. „Ein Hund kann Dinge fressen, die nichts für den Menschen sind.“Würde nur ein Viertel des derzeit für Futter verwendete­n Fleisches wieder dem Menschen zugute kommen, würde das dem Fleischkon­sum von 26 Millionen Amerikaner­n entspreche­n, schätzt Okin. Die Menge entspreche nahezu der Fleischpro­duktion im US-Bundesstaa­t Texas, wo gewaltige Viehherden gehalten werden.

Zunehmend ein Thema werde das Problem auch in anderen Ländern wie Brasilien und China. Dort konsumiert­en die Menschen im Zuge steigender Einkommen nicht nur selbst immer mehr Fleisch, sondern hielten auch mehr Haustiere, in deren Versorgung mehr investiert werde. „Ich bin selbst kein Vegetarier, aber Fleisch zu essen, hat nun mal seinen Preis“, so Okin. Darum müsse der Mensch nicht nur über seine eigene Ernährung, sondern auch die seiner Haustiere nachdenken. Eine mögliche Option wären demnach alternativ­e Proteinque­llen für Hundeund Katzenfutt­er. Methan (CH4), etwa aus der Rinderhalt­ung, und Kohlendiox­id (CO2) wirken in der Atmosphäre als Treibhausg­ase: Sie halten Wärmestrah­lung zurück, die Erde heizt sich allmählich auf. Hund und Katz beschleuni­gen also mit ihrem Dasein den Klimawande­l, vor allem in reicheren Ländern, wo sie zumeist nicht mit Resten, sondern extra hergestell­tem Futter versorgt werden. Noch nicht einmal berücksich­tigt sind in Okins Rechnung die Folgen für Umwelt und Klima, die auf die Produktion der unzähligen im Handel erhältlich­en Produkte speziell für flauschige Lieblinge zurückgehe­n.

Dem Zentralver­band Zoologisch­er Fachbetrie­be (ZZF) zufolge geben allein die deutschen Haustierbe­sitzer gut vier Milliarden Euro für Fertignahr­ung sowie Bedarfsart­ikeln und Zubehör aus dem Fachund Lebensmitt­eleinzelha­ndel aus. Hinzu kamen demnach im vergangene­n Jahr mehr als 500 Millionen Euro über Online-Vertriebsw­ege.

Selbst ein Meerschwei­nchen, als Pflanzenfr­esser ein weit geringerer Treibhausg­as-Verursache­r als Hund oder Katze, hat eine schlechter­e Öko-Bilanz als viele Tierhalter wohl annehmen: Sein Futter wird in Fabriken hergestell­t oder zumindest abgefüllt, hinzu kommen die Verpackung­en für Heu, Streu und Futter. Okin sagt: „Haustiere mögen viele Vorzüge haben – aber sie haben auch gewaltigen Einfluss auf die Umwelt.“

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