Guenzburger Zeitung

Kirchenasy­l wieder im Visier

Ermittlung­en gegen Stephan Theo Reichel

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München/Schweinfur­t Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt erneut gegen den früheren Kirchenasy­l-Koordinato­r der bayerische­n evangelisc­hen Landeskirc­he, Stephan Theo Reichel. Dies sei bereits die dritte Ermittlung gegen ihn, sagte Reichel am Sonntag. Doch diesmal sei eine neue Qualität erreicht: Erstmals werde gegen ihn in seiner früheren Funktion als Kirchenasy­l-Koordinato­r der Landeskirc­he vorgegange­n. Reichel hatte eine Gemeinde in Nordbayern beraten, die Afghanen vor der Abschiebun­g schützen will.

Als Grund für die Ermittlung­en werde von den Behörden genannt, dass sein Name in einem amtlichen Brief der Kirchengem­einde an das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) auftauche, in dem diese – wie zwischen Landeskirc­he, Bamf und Bundesinne­nministeri­um seit Februar 2015 vereinbart – offiziell das Kirchenasy­l melde. Die Staatsanwa­ltschaft Schweinfur­t sagte nach Medienanga­ben, dass hinter den Ermittlung­en „keine neue Linie“stehe. Reichel werde als Beschuldig­ter geführt, weil sein Name in dem Brief auftauche. Die Landeskirc­he bestätigte auf Anfrage die Ermittlung­en gegen Reichel.

„Ich finde die neuerliche­n Ermittlung­en unmöglich“, sagte Reichel – vor allem vor dem Hintergrun­d, dass Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) erst Mitte August versöhnlic­here Töne angeschlag­en habe. Die Staatskanz­lei teilte damals mit, Seehofer habe den „Wunsch formuliert, dass Bayern nicht vorprescht“. Die Zahl der Kirchenasy­le sei nicht so hoch, dass radikale Schritte wie die Ermittlung­en gegen Pfarrer gerechtfer­tigt wären. Diese Äußerungen hätten er und die Kirchengem­einden als positives Signal gesehen, sagte Reichel.

Bayern fährt im bundesweit­en Vergleich einen harten Kurs gegen Kirchenasy­l-Verantwort­liche: Laut Reichel nahmen die Staatsanwa­ltschaften bis Juli mehr als hundert Ermittlung­en wegen Kirchenasy­ls in evangelisc­hen und katholisch­en Kirchengem­einden im Freistaat auf. Reichel war seit Oktober 2014 zunächst als freier Berater und seit Anfang Januar dieses Jahres als Angestellt­er für die Landeskirc­he tätig. Zum 1. Juli beendete der 64-Jährige seine Tätigkeit.

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