Pickelhauben und andere Leerkörper
Sportlich mag man über dieses siebte Gruppenspiel der deutschen Fußball-Nationalelf gar nicht viel sagen. Stark begonnen, stark nachgelassen – so viel in Kürze. Mehr dazu könnte einem die Laune verderben. Immerhin: das Treffen mit Tschechien endete wie die sechs vorausgehenden Partien auf dem Weg zur WM nach Russland mit einem deutschen Sieg. Das ergibt 21 Punkte – mehr geht nicht. Darf man da meckern? Man darf. Tschechien ist im europäischen Vergleich nur noch zweitklassig, ein Schatten seiner großen Jahre. Dafür war der deutsche Last-MinuteSieg in Prag ein mühsam zustande gekommenes Werk.
Der härteste Konkurrenzkampf, den Joachim Löw ausgerufen hatte, hat die Spieler eher belastet als beflügelt. Die Confed-Cup-Gewinner, mit denen der Bundestrainer seinen Platzhirschen Feuer machen wollte, haben überwiegend nicht gezündet. Ginter, Brandt, Stindl – keine Empfehlung für 2018. Wenn es eng wird, stechen die alten Trümpfe. Kroos mit seinem chirurgisch präzisen Flankenball auf Hummels, dessen Kopfball zum 2:1 nicht zu verteidigen war.
Aber eigentlich spielte das fürs große Ganze dieser Begegnung keine Rolle mehr. Weil ein internationaler Fußball-Vergleich mehr ist als nur ein Spiel, hatte Deutschland schon vor dem Anpfiff verloren, nachdem deutsche Zuschauer die Hymnen mit Schmähgesängen und Nazi-Parolen begleitet hatten. Mögen es auch nur 200 Schreihälse gewesen sein, in einem kleinen Stadion wie dem von Slavia Prag ist jeder Krakeeler zu hören. Für den deutschen Fußball ist es ein Rückfall in vergangen geglaubte Zeiten. Mit dem Erstarken der Ultras, die sich zu wenig von radikalen Fußball-Chaoten abgrenzen, haben Hooligans und Rechte offenbar die internationale Bühne wiederentdeckt. Umso ärgerlicher ist es, wenn ihnen eine unkontrollierte Ticketvergabe die Tore öffnet.
Der deutschen Mannschaft hat Prag immerhin die Gelegenheit zu einem starken Abgang geliefert. Hummels & Co. haben die Chance zum klaren Signal gegen die geistigen Leerkörper genutzt. Das ist nicht schwer, aber erwähnenswert. Ein Erfolg, der fürs große Ganze der Partie wichtiger war als die drei gewonnenen Punkte.