Der Landkreis hat ausreichend Lehrer
Erstmalig sei der Schulamtsbezirk Günzburg sogar „bilderbuchartig“mit Pädagogen versorgt, sagt Leiter Josef Seibold. Warum die Lage dennoch angespannt ist
Krumbach Ein bisschen stutzig wurde Josef Seibold, als er in unserer Zeitung las, dass Bayern auf einen massiven Lehrermangel im Grundund Mittelschulbereich zusteuere. Diese Nachricht decke sich keineswegs mit der Situation im Schulamtsbezirk Günzburg, wie der Schulamtsleiter betont. „Wir haben zum ersten Mal sogar eine Situation, in der wir bilderbuchartig versorgt wurden“, sagt Seibold und lehnt sich zufrieden in seinen Bürostuhl zurück. Alle Abgänge hätten eins zu eins ersetzt werden können, immerhin 1435 Stunden, die kompensiert werden mussten.
„Ein Stück weit konnten wir sogar einen kleinen Puffer bilden“, sagt Seibolds Stellvertreter, Thomas Was für Seibold und Schulze besonders erfreulich ist: jede der 199 Grundschulklassen hat einen eigenen Klassenlehrer. Sogenannte Kombiklassen, bei denen ein Lehrer zwei Klassen führt, sind in diesem Schuljahr nicht vorgesehen. Darüber hinaus habe die Regierung von Schwaben eine große Zahl zusätzlicher Stunden für den Grund- und Mittelschulbereich genehmigt, in denen einzelne Schülergruppen oder ganze Klassen gezielt gefördert werden können. Seibolds und Schulzes Dienstherr ermöglicht damit auch eigene Sprachförderklassen für Migrantenkinder und viele Zusatzangebote außerhalb des Unterrichtsalltags wie Schultheaterspiele oder Informatikkurse. Dass die Versorgung mit Lehrern und Stunden im Landkreis Günzburg so gut sei, schreiben sich Seibold und Schulze nicht zuletzt auch auf ihre eigene Fahne. „Wenn man frühzeitig zu planen beginnt, tut man sich leichter“, sagt Seibold. Eine große Herausforderung ist der Job der Schulamtsdirektoren definitiv. „Wir managen im Prinzip ein sehr großes mittelständisches Unternehmen mit mehr als 6000 Kunden, rund 600 Mitarbeitern an 33 Standorten“, sagt Schulze. Und die Zahl der Lehrer, die im Herbst beginnen, kann sich bis Weihnachten schnell wieder ändern. Da sehr viele junge weibliche Lehrkräfte im Grundschulbereich arbeiten, muss sich das Schulamt stets auch auf mögliche Schwangerschaften einstellen. Schulze macht sich diesbezüglich jedoch keine Sorgen: „Wir haben eine stabil bestellte Mobile Reserve.“
Wie angespannt die Lage dennoch ist, zeigt sich darin, dass im Bereich der Grund- und Mittelschulen die Einstellungsquote für Lehrkräfte bei 100 Prozent liegt. Wer von den angehenden Lehrern das Staatsexamen besteht, wird genommen. Die Note ist da eher zweitrangig. Darüber hinaus wechseln auch vermehrt Gymnasial- und Realschullehrer, die trotz guter Noten in ihrem Schulbereich keine Anstellung finden, in die Grund- und Mittelschulen.
Sie nehmen es auch in Kauf, nach dem Studium und dem zweijährigen Referendariat für weitere zwei Jahre eine Zusatzqualifikation zu absolSchulze. vieren. Seibold betrachtet solche Wechsel nicht als Nachteil. Die Pädagogen aus unterschiedlichen Schularten würden ihr jeweiliges Wissen durch den regen Austausch untereinander durchaus „befruchten“.
Er habe auch die Erfahrung gemacht, dass die Lehrkräfte, die von höheren Schularten in den Bereich der Grund- und Mittelschule wechselten, sehr positiv gestimmt und hoch motiviert seien. Viele von ihnen wollten laut Seibold gar nicht mehr zurück in ihr eigentliches Metier. Mitverantwortlich mag neben der Freude, mit der Grundschüler noch in die Schule gehen, das Klassenlehrerprinzip sein, das auch in der Mittelschule praktiziert wird. Lehrer und Schüler könnten dabei einen wesentlich besseren Draht zueinanderfinden, als es beim Fachlehrerprinzip möglich sei.
So gut die Versorgung derzeit auch aussehen mag, ist sich Schulze sicher, dass in Zukunft mehr Lehrkräfte gebraucht würden. Mit der Digitalisierung des Lernens müssten sich die Lehrer nicht nur auf neue Unterrichtsformen, sondern auch auf neue Formen der Bewertung einstellen. Dabei steigt auch der Arbeitsaufwand, weil die Pädagogen wesentlich mehr dokumentieren müssen und sich noch stärker auf die Bedürfnisse und Anforderungen der einzelnen Schüler einstellen müssten, um die Kinder „da abzuholen, wo sie stehen“.