Meilenstein beim Hochwasserschutz
Starkregen dürfte in Zukunft in Deisenhausen keinen Schrecken mehr verbreiten
Deisenhausen Der innerörtliche Hochwasserschutz entlang der Günz in Deisenhausen ist fertiggestellt. Starkregenereignisse dürften in Zukunft für das Gewerbegebiet in Deisenhausen keinen Schrecken mehr verbreiten. Den kirchlichen Segen bei der Einweihungsfeier erteilte Geistlicher Rat Klaus Bucher. Denn, so sagte der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Kempten, Karl Schindele, in seiner Begrüßung: „Hochwasserschutz ist nie absolut, wir brauchen auch den Segen von oben.“
Der Hochwasserschutz Deisenhausen wird im Rahmen des Gesamtprojekts „Hochwasserschutz Günz“realisiert. Neben dem Innerortsausbau entstehen im Unterallgäu fünf Hochwasserrückhaltebecken, die in Spitzenregenzeiten als zusätzlicher Puffer fungieren sollen. Für den Unterhalt dieser Becken muss sich Deisenhausen am Zweckverband Günz beteiligen und auf 100 Jahre jährlich 75 000 Euro beitragen. Bauträger war der Freistaat Bayern, vertreten durch das Wasserwirtschaftsamt Kempten. Wie der zuständige Projektleiter Jan Bielefeld verriet, entstanden dabei Gesamtkosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro inclusive 400 000 Euro für den ökologischen Ausbau, der vollständig vom Freistaat getragen wird, sowie 880000 Euro für den technischen Hochwasserschutz, dessen Kosten sich Deisenhausen und der Freistaat teilen.
Besonders erleichtert über die Fertigstellung der innerörtlichen Maßnahme zeigte sich Deisenhausens Bürgermeister Norbert Weiß. Persönliche Anfeindungen habe er über sich ergehen lassen müssen, bedauerte er, obwohl das Gewerbegebiet, das 1982 erschlossen wurde, nur unter Auflage von Hochwasserschutz genehmigt worden war und dort tatsächlich durchschnittlich alle eineinhalb Jahre Hochwasser auftrete. Nach verschiedenen Lösungsansätzen ab dem Jahre 1998, die hauptsächlich am Widerstand in der Bevölkerung scheiterten, beschloss der Gemeinderat im Februar 2014 mit einer deutlichen Mehrheit, eine große Lösung für den Hochwasserschutz anzupeilen und ein Planfeststellungsverfahren in die Wege leiten zu lassen.
Nach der zügigen Projektplanung durch das Wasserwirtschaftsamt Kempten und dem Büro Mooser Ingenieure Kaufbeuren erfolgte im Mai 2016 der Spatenstich. Nach nur einem Jahr Bauzeit konnte nun die Fertigstellung gefeiert werden. Bürgermeister Weiß dankte den Grundstückseigentümern, die entlang der Günz Flächen für den Ausbau des Hochwasserschutzes im Tausch zur Verfügung stellten. Einer davon, Kurt Höld, umrahmte mit Tochter Michaela und Sohn Johannes die Einweihungsfeier musikalisch, eine gelungene Premiere für die „Mühlenkapelle“. Besonders hob Weiß die Verdienste des Stimmkreisabgeordneten Alfred Sauter hervor, der ihn „mit seinem Draht zu den richtigen Stellen“sehr unterstützt habe.
Ein „gigantisches Infrastrukturprogramm“
Sauter seinerseits sah die Maßnahme in Deisenhausen als Teil eines gigantischen Infrastrukturprogramms „Wasser und Wasserbau“, das momentan in Bayern umgesetzt werde. Allein die genehmigten Maßnahmen beliefen sich auf zweieinhalb Milliarden, stellte er vor, und es gäbe kein anderes Bundesland, das in dieser Größenordnung investiere. An Bürgermeister Weiß gewandt – er wisse, was dieser im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz durchgemacht habe – be- dauerte er, dass solche Maßnahmen oft erst im Nachhinein die Zustimmung der Bevölkerung bekommen. Landrat Hubert Hafner rief in seinem Grußwort das Pfingsthochwasser von 1999 ins Gedächtnis, bei dem Mindel, Kammel, Zusam und Günz Fluten quer durch den Landkreis zur Donau führten. Er zeigte sich erleichtert, dass beim technischen Hochwasserschutz im Landkreis Günzburg nun sichtbare Erfolge präsentiert werden.
Das Landratsamt, das selbst keine Bauzuständigkeiten für Hochwasserprojekte habe, so Hafner, trage mit sehr zügig durchgeführten Wasserrechtsverfahren zur beschleunigten Umsetzung von Schutzmaßnahmen bei. Auch habe er, zusammen mit Altbürgermeister Hans Klement aus Ichenhausen, neun Günz-Gemeinden, die indirekt vom Hochwasserschutz in Deisenhausen profitieren, zu einer freiwilligen Unterstützung der Gemeinde Deisenhausen bei der Finanzierung der 75000 Euro gegenüber dem Hochwasserzweckverband gewinnen können, berichtete er. Den beteiligten Bürgermeistern und Gemeinderäten zollte Hafner für diese Solidarleistung große Anerkennung.
Bundestagsabgeordneter Georg Nüßlein stellte die Bedeutung des ökologischen Aspektes einer solchen Hochwassermaßnahme in den Mittelpunkt seiner Rede. Gerade in der Fischfauna habe sich in den letzten Jahrzehnten vieles zum Schlechten entwickelt, verschiedene Fischarten seien fast vollständig aus den bayerischen Gewässern verschwunden, hielt er vor.
Postwendend ergriff der Fachberater für Fischerei im Bezirk Schwaben, Oliver Born, das Wort und vergab für die ökologische Seite des Hochwasserschutzes in Deisenhausen die Höchstnote: „Es ist perfekt gelungen, die Hochwasserschutzmaßnahme mit den Belangen der Gewässerökologie zu verbinden.“Noch bevor die Bagger abgezogen waren, berichtete er, nutzte die Nase, ein Fisch, der fast nur noch in Deisenhausen vorkomme, das neu geschaffene Günzbett und das eigens für diesen Fisch angelegte Schutzbecken zum Ablaichen, und es konnten Fischeier zum Erhalt des gefährdeten Fisches im Rahmen des Artenhilfsprogramms in andere Gewässer wie an die obere Iller verbracht werden. Auch Fischbrut von anderen seltenen Arten wie Schneider, Barbe, Nerfling oder Hasel finde man inzwischen hier vor.