Ein Kunstwerk als Erinnerung und viele neue Erkenntnisse
Beim Tag des offenen Denkmals stehen in Günzburg der Forstbeamte Gottlieb von Greyerz und das Stadtschloss im Mittelpunkt. Über beide gibt es Spannendes zu erfahren
Günzburg Eine erste Ehrung war Gottlieb von Greyerz schon 1979 zuteilgeworden. Damals widmete ihm die Stadt Günzburg eine Straße. Beim gestrigen Tag des offenen Denkmals wurde der gebürtige Schweizer (1778-1855) ein zweites Mal gewürdigt. Und zwar an dem Ort, der sein weitsichtiges Wirken bis heute dokumentiert – in den städtischen Grünlagen gegenüber dem Bezirkskrankenhaus. Sie waren vor gut 200 Jahren auf seine Initiative hin als Bürgerpark angelegt worden. Ein Nachfahre von Gottlieb von Greyerz enthüllte ein von der Kammeltaler Künstlerin Petra A. Wende geschaffenes, höchst gelungenes Denkmal. Noch weiter in die Geschichte Günzburgs geht ein anderes Denkmal der Stadt zurück – die Schlossanlage. Der Westflügel, in dem das Amtsgericht untergebracht war, wird vom Freistaat Bayern mit Millionenaufwand für das Finanzamt saniert. Über jüngste Forschungsergebnisse informierte der Bauhistoriker Bernhard Niethammer bei zwei Rundgängen durch die Baustelle.
Aufgrund politischer Umwälzungen musste der junge Gottlieb von Greyerz seine Heimat, den Kanton Bern, verlassen. Auch seine berufliche Laufbahn musste er umstellen – aus dem Jurastudenten wurde ein Forstbeamter, der nach einer ersten Stelle als königlich-bayerischer Oberförster in Stoffenried im Jahre 1807 nach Günzburg versetzt worden war.
Nur drei Jahre später schlug von Greyerz vor, zwischen Günzburg und Reisensburg „zum Wohlergehen der Bürger eine allgemein zugängliche Parkanlage“zu schaffen, wie Oberbürgermeister Gerhard Jauernig in seiner Ansprache am gestrigen Vormittag zitierte. Rund 100 Jahre diente der Park der Erbauung und Erholung der Menschen, nach Ende des Ersten Weltkriegs fiel er in einen Dornröschenschlaf. Dank städtischen und bürgerschaftlichen Engagements wurde der Park vor gut zwei Jahren wieder wachgeküsst – das verwilderte Grün wurde ausgelichtet, der Pavillon wurde erneuert, Wege und Parkbänke wurden ebenso saniert wie der Spielplatz und das Umfeld des nahen Löwenbrunnens.
Gottlieb von Greyerz wurde der Schwiegersohn eines höchst bemerkenswerten Günzburger Ehepaares. Er heiratete Claire, die Tochter von Therese Huber und Georg Forster. Therese Huber war Deutschlands erste Journalistin, ihr Mann ein aufs Abenteuer ausgerichteter Weltumsegler, Schriftsteller und Revolutionär. Mehrere Nachfahren von Gottlieb von Greyerz waren – auf Vermittlung des in Günzburg geborenen Journalisten und Filmemachers Hermann G. Abmayr – aus der Schweiz nach Günzburg gekommen, um der feierlichen Enthüllung des Denkmals beizuwohnen. Elia Grass, Ur-ur-ur-ur-Enkel von Gottlieb von Greyerz, enthüllte die von Petra A. Wende geschaffene Bronzeplastik unter dem Beifall der zahlreichen Besucher. Stilgerecht umrahmt wurde die Feier vom „Biedermeierehepaar“Monika und Alfred Stocker sowie – in Erinnerung an den Förster und Jäger Gottlieb von Greyerz – vom Jagdhornensemble des Jagdschutz- und Jägervereins Günzburg mit einer Jagdballade.
Was ist ein Schloss? Für Laien eher nicht das, was Rathaus, Heimatmuseum, Finanzamt und ehemaliges Amtsgericht an optischen Reizen heute zu bieten haben. Und doch ist die Anlage rund um die Hofkirche von historischer Bedeutung. Gehen ihre Anfänge doch auf das Jahr 1453 zurück, als Ritter Hans vom Stain zu Ronsburg das erste spätgotische Schloss erbauen ließ. Ihre höchste Blüte erreichten Schloss und Stadt Günzburg in den Jahren ab 1575, als der Habsburger Erzherzog Ferdinand II. für Markgraf Karl das Schloss zum Residenzsitz der Markgrafschaft Burgau im Renaissancestil aus- und umbauen ließ.
1618 war Karl gestorben, damit endete die Herrlichkeit. In den folgenden Jahrhunderten wurde – bis in die 1960er-Jahre hinein – architektonisches Schindluder mit dem Schloss getrieben. Es wurde zum Nutzbau umgestaltet, architektonisch Wertvolles wurde achtlos beseitigt, Brände im 18. Jahrhundert und Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg taten ein Übriges. Und doch sind bei jüngsten Untersuchungen etliche Überreste aus alten Tagen gefunden worden – Sgrafitti, Kamine oder Rahmenstuckdecken. Und die Forschungsarbeiten sind noch nicht abgeschlossen, wie der Bauhistoriker Bernhard Niethammer betonte. In Teilen muss die Geschichte des Schlosses schon jetzt umgeschrieben werden, weitere Überraschungen könnten noch folgen.