Beeindruckende Biografien
Das Buch hat im wahrsten Wortsinn Gewicht. Die Waage zeigt 2,9 Kilo an. Und es geht um Persönlichkeiten mit einem gewichtigen Einfluss. Acht Jahre haben die Augsburger Historikerin Marita Krauss und zahlreiche weitere Autoren an ihrer Gesamtdarstellung über die bayerischen Kommerzienräte gearbeitet, die vor Kurzem erschienen ist. Wer waren diese Kommerzienräte? Bei der Suche nach Antworten stoßen wir auf ein ungewöhnliches Kapitel der Wirtschaftsgeschichte. Die mit dem Ehrentitel ausgezeichnete Elite des bayerischen Königreiches prägte im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert maßgeblich das Wirtschaftsleben in Bayern, damit aber auch die Geschichte des heimischen Landkreises Günzburg.
Nicht zuletzt das ist ein bedeutendes Thema unserer neuen Serie „Wirtschaft schreibt Geschichte“. Einmal im Monat möchten wir im Rahmen unserer Serie bedeutende Persönlichkeiten aus der regionalen Wirtschaftsgeschichte in Porträts vorstellen. Heute beginnen wir mit Johann Offermann (1855 bis 1926). Aus dem damals westfälischen Eupen kam er nach Süddeutschland und wurde zum Begründer einer der heute bedeutendsten Unternehmen des Landkreises Günzburg. Offermanns Biografie steht exemplarisch für eine ganze Reihe von prägenden Persönlichkeiten des heimischen Wirtschaftslebens.
Im Krumbacher Ortsteil Niederraunau spielt bis heute der Name Michael Schleifer (1847 bis 1915) eine herausragende Rolle. Man mag es in der Rückschau zunächst kaum glauben, doch Schleifer aus dem kleinen Niederraunau wird zu einem bedeutenden Erfinder. Das Wort bahnbrechend hat in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung. Michael Schleifer gründet in Berlin eine Firma und wird schließlich durch ein Patent berühmt, das in der Eisenbahngeschichte wegweisend ist: die Erfindung der Zug-Notbremse.
Was Offermann und Schleifer gleichermaßen auszeichnet, ist ihr Engagement für Bedürftige. Schleifer wird zum Wohltäter Niederraunaus. Durch seine Erfindung vermögend geworden, vermacht er seiner Gemeinde und der Niederraunauer Pfarrei rund 240000 Mark. Offermann unterstützt während des Ersten Weltkrieges in Günzburg die Armenfürsorge. Bei Streifzügen durch die heimische Wirtschaftsgeschichte stoßen wir immer wieder auf solch beeindruckendes Handeln. Wir begegnen Persönlichkeiten, für die Eigentum im wahrsten Wortsinn moralische Verpflichtung war. Nicht zuletzt darüber möchten wir in den kommenden Monaten berichten.