Wie sicher ist Günzburg?
Als Vorsitzender des Städtetags in Schwaben diskutiert OB Jauernig mit SPD-Kandidat Brunner über Überwachungskameras, stationäre Radarkontrollen – aber auch über Personalmangel in der Pflege
Günzburg Wir leben in ziemlich sicheren Zeiten in Deutschland. Auf jeden Fall im Vergleich zu Ländern wie beispielsweise Honduras: Oberbürgermeister Gerhard Jauernig erzählte am Freitag im Rahmen eines Streitgesprächs mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten und -Kandidaten Karl-Heinz Brunner im Forum am Hofgarten, wie er einer Besucherin aus Honduras am Ende ihres Aufenthalts in Günzburg ein Geschenk überreichte – und die junge Frau es weinend ablehnte.
„Sie erzählte mir, wenn sie dieses wertvolle Geschenk mit nach Hause nähme, käme sie vermutlich nicht vom Flughafen bis zum Haus ihrer Eltern.“Nun muss niemand, der in Günzburg mit Handy oder Laptop unter dem Arm nach Hause geht, um sein Leben fürchten. Aber auch in Günzburg gibt es Sicherheitsfragen, bei denen es um mehr als Unannehmlichkeiten geht. Und nicht nur hier, wie Jauernig aus seiner Erfahrung als Bezirksvorsitzender des Städtetags berichtete.
Karl-Heinz Brunner, unter anderem Mitglied im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Bundestags, räumte ein: „So wie die Abwesenheit von Krieg noch kein Frieden ist, ist die Abwesenheit von körperlicher Versehrtheit noch keine Sicherheit.“Jauernig nannte als großes Thema in diesem Bereich die illegalen Autorennen und Fahrten mit überhöhter Geschwindigkeit, die vor allem Anwohner in der Günzburger Innenstadt immer wieder beklagen. Fest installierte Radaranlagen könnten ein Instrument im Kampf gegen diese Auswüchse sein, glaubt der Oberbürgermeister. Doch die seien aufgrund Gesetzesvorgaben nicht möglich. Dabei, so Brunner, mache ein Blick über die Ländergrenze nach Baden-Württemberg deutlich, dass stationäre und teilstationäre Kontrollen durchaus hilfreich seien – wenn auch mancher nicht glücklich darüber sei, wenn er geblitzt werde. Doch: „Diese Anlagen sind dazu da, ein Gefühl der Sicherheit zu schaffen, nicht der Unsicherheit.“
Ein Dauerthema in Günzburg ist ebenfalls die Frage nach der Videoüberwachung. „Nicht im Streuprinzip, sondern an Orten, wo es Sinn macht“, möchte der Oberbürgermeister diese Möglichkeit zu gerne nutzen. Doch auch hier gebe es rechtliche Hürden, bedauerte der Städtetagsvorsitzende. Zwar gebe es in der Großen Kreisstadt nicht die Probleme, die sich beispielsweise in München ergeben, wo Frauen sich in manchen Vierteln nachts nicht wohlfühlten. Kollegen aus dem Städtetag hätten jedoch von Brennpunkten in ihren Städten berichtet.
Für den Rechts-Politiker Brunner ist das Thema Videoüberwachung ein zweischneidiges Schwert. Zum einen wünsche er sich eine liberale Gesellschaft mit möglichst wenig Überwachung, zum anderen wolle er aber auch Sicherheit für die Menschen, die hier leben. „Die Frage ist für mich, was bringt’s den Kommunen? Ich möchte vermeiden, dass durch das Aufstellen von Kameras eine vermeintliche Sicherheit geschaffen wird.“Überwachungsvideos könnten sicher bei der Aufklärung von Taten helfen, für die Opfer sei es jedoch wichtiger, dass gar nicht erst etwas passiert. „Ihr werdet in Günzburg keine Probleme mit der Videoüberwachung haben, wenn ihr euch an ein paar Eckdaten haltet“, glaubt Brunner. Probleme habe es in der Vergangenheit bei den Kommunen gegeben, die die Auswertung des Videomaterials durch Dritte hätten durchführen lassen. „Das bindet Personal – aber macht das trotzdem selbst. Für Sicherheit zu sorgen ist eine hoheitliche Aufgabe, und die möchte ich nicht privatisiert sehen.“
Die Diskussion der beiden Politiker mit den etwa 40 Zuhörern bei der Veranstaltung des Ortsvereins Günzburg drehte sich auch um Fragen der sozialen Sicherheit. Den kommenden Warnstreiks unter anderem in den Günzburger Kliniken, angekündigt von der Gewerkschaft Verdi wegen des Personalmangels und wachsender Belastung in der Pflege, sprach Brunner seine „absolute Zustimmung“aus.