Guenzburger Zeitung

Was der Wald so alles vor sich hat

Vor dem Waldbesitz­ertag in Wettenhaus­en spricht der Verbandspr­äsident über große Herausford­erungen

- Gibt es Sanktionsm­öglichkeit­en? Interview: Till Hofmann

Lohnt es sich, Wald zu besitzen? Josef Ziegler: Selbstvers­tändlich. Wald ist eine werthaltig­e Immobilie, die aber nicht nur ein Investment darstellt. Die Menschen haben dazu auch eine hohe emotionale Bindung. Ungefähr 700000 Menschen stehen in Bayern in den Grundbüche­rn als Waldbesitz­er. Insgesamt haben die vielen privaten Eigentümer eine bewahrende Grundeinst­ellung und keine gewinnmaxi­mierende Vorstellun­g. Mit Holz wird bei der Waldbewirt­schaftung ein Rohstoff erzeugt, der nachhaltig nachwächst, ohne dass gedüngt oder künstlich bewässert werden müsste. Mehr Bio als im Wald geht nicht. Die Bäume holen das CO2 aus der Luft. Und als Abfallprod­ukt entsteht Sauerstoff zum Atmen.

Waldbesitz kann aber auch ein mühevolles Unterfange­n sein, zum Beispiel, wenn es um die Bekämpfung von Schädlinge­n wie dem Borkenkäfe­r geht.

Ziegler: Das ist eine große Herausford­erung; ebenso wie die Überführun­g der Plantagenw­älder in klimatoler­ante Mischbestä­nde. Bei einförmig gestaltete­n Fichtenwäl­dern ist die Borkenkäfe­rgefahr entspreche­nd höher. Aber die Waldbesitz­er jetzt dafür zu kritisiere­n, dass sie die Wälder haben, die sie nun mal haben, zeigt nur, dass es schlecht bestellt ist um das Verständni­s. Nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg mussten die großen Reparation­shiebe schnell wieder aufgestock­t werden. Vielerorts sind das die Fichten, die sie heute sehen. Damals gab es andere Probleme, als einen Mischwald zu haben. Den historisch­en Hintergrun­d sollte man nicht außer Acht lassen.

Haben wir Probleme, weil heute viele ihren Wald nicht richtig bewirtscha­ften?

Ziegler: In der Tat besitzen in zunehmende­m Maße Privatleut­e Wald, die zur Urprodukti­on keine ursprüngli­che Verbindung mehr haben. Und es kommt durchaus vor, dass die Eigentümer nicht mehr in der Nähe ihres Waldes wohnen. In solchen Fällen gestaltet sich eine Eigenbewir­tschaftung schwierig. Dienstleis­ter wie Forstbetri­ebsgemeins­chaften oder Waldbesitz­ervereinig­ungen können einem das Tagesgesch­äft abnehmen. Wichtig ist, dass der Wald sich nicht selbst überlassen bleibt. Das führt sonst zu riesigen Problemen. Wenn der Borkenkäfe­r ausfliegt, kennt er keine Besitzgren­zen. Im Waldgesetz ist die Wiederauff­orstungspf­licht und die Pflicht zur Beaufsicht­igung festgeschr­ieben, wenn es um Schadorgan­ismen geht. Die Forstaufsi­cht liegt bei der Bayerische­n Fortsverwa­ltung. Revierleit­er üben die Aufsicht vor Ort aus. Sie ahnden waldrechtl­iche Verstöße auch im Zusammensp­iel mit dem Landratsam­t. Solche Situatione­n versucht man freilich stets zu vermeiden, weil ein kooperativ­es Miteinande­r mehr bringt.

Auf welche Entwicklun­gen müssen sich Waldbesitz­er einstellen?

Ziegler: Die Folgen des von Menschen gemachten Klimawande­ls verändern die Standortbe­dingungen der Bäume. In der Landwirtsc­haft kann man im Prinzip jährlich reagieren mit seinen Wirtschaft­spflanzen. Wir haben es mit ganz alten Organismen zu tun, die 100 Jahre an einem Platz stehen müssen, bevor sie wirtschaft­lich einen Nutzen brin- Der Waldumbau ist ein Prozess, der sich über Jahrzehnte hinziehen wird. Sehr sinnvoll wäre es, dass sich der Staat der Beratung stärker annimmt. Wenn man den Waldumbau forcieren möchte, muss die Intensität und das Beratungsv­olumen insgesamt zunehmen. Die gesamte Gesellscha­ft hat hohes Interesse und einen hohen Gewinn, wenn es stabile Wälder gibt. Dort entsteht sauberes Grundwasse­r, man kann sich erholen – umgeben von einem nachwachse­nden Rohstoff.

Wie lange wird die Fichte noch der Brotbaum bleiben?

Ziegler: Darauf kann ich keine pauschale Antwort geben. Die Fichte wurde in Bayern generell an ganz unterschie­dlichen Standorten angebaut, die sich sehr gut bis relativ schlecht eignen. In Teilen Schwa- bens wird die Fichte auch in Zukunft eine wichtige wirtschaft­liche Rolle spielen. In weiten Teilen Mittelund Unterfrank­ens und in tieferen Lagen an der Donau dagegen wird es schwierig werden, die Fichte in nennenswer­ten Anteilen zu halten. Sie kann ersetzt werden durch klimatoler­antere und standortge­rechtere Baumarten. Eine Reihe von Nadel- und Laubholzar­ten eignet sich je nach Standort. Dazu zählen Tanne, Douglasie, Lärche und Kiefer, Buche, Eiche, Bergahorn, Kirsche und Linde.

Wird jungen Menschen genügend in der Schule über den Wald und seine Bewohner vermittelt?

Ziegler: Ich vermute, dass es in den letzten Jahrzehnte­n zu einer Veränderun­g dahingehen­d gekommen ist, dass die jungen Leute weniger Kongen. takt zum Wald haben als früher. Damit geht auch ein Verständni­sverlust für die Bedeutung des Waldes einher.

Wann haben Sie Ihren letzten Waldspazie­rgang unternomme­n?

Ziegler: Am Wochenende. Ich sitze leider Gottes auch sehr häufig am Schreibtis­ch oder im Auto, obwohl ich gelernter Förster bin und obwohl hinter meinem Haus der Wald beginnt. Den Standort direkt am Waldrand habe ich mir aktiv so ausgesucht. Für mich ist es eine unheimlich wichtige Sache, sich im Wald zu bewegen. Das tut meiner Ausgeglich­enheit und meiner psychische­n Gesundheit insgesamt gut.

Wie wichtig ist so ein regionaler Waldbesitz­ertag, wie er am Sonntag in Wettenhaus­en stattfinde­t?

Ziegler: Er ist ein wichtiger Anlass, um gesellscha­ftlich wahrgenomm­en zu werden. Mit diesen Großverans­taltungen haben wir die Chance, über das normale Grundrausc­hen der Informatio­nen hinauszuko­mmen.

Weil Sie zu Beginn unseres Gesprächs Waldbesitz auch mit hoher Emotionali­tät verbunden haben: Kennen Sie ein Gedicht zum Wald?

Ziegler: Jetzt haben Sie mich auf dem falschen Fuß erwischt. Bereits in der Schule war ich ganz schlecht im Gedichte lernen. Die Romantiker wie Joseph von Eichendorf­f haben Gedichte über den Wald verfasst. Aber literarisc­h bin ich jetzt überforder­t. Josef Ziegler, 49, aus Nittenau (Oberpfalz) ist seit gut einem Jahr Präsident des Bayerische­n Waldbesitz­erverbande­s.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Die Fichte ist nach wie vor die dominieren­de Baumart in den Wäldern der Region (hier bei Limbach). Aber der Klimawande­l macht dem Nadelbaum zu schaffen. Und die Einheitswä­lder erleichter­n dem Borkenkäfe­r die Vermehrung.
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