Nacht der Kultur mit dem Zeug zur Kultnacht
In Ichenhausen haben viele Besucher die Gelegenheit genutzt und Musik, Kunst sowie Literatur erlebt
Ichenhausen Der Start in den kulturellen Herbst ist rundum gelungen. Mit einer „Nacht der Kultur“lockte Ichenhausen unzählige Besucher an fünf Veranstaltungsorte. Von der musikalischen Eröffnung um 18 Uhr bis zum lässigen Open End gegen Mitternacht genossen Kulturfreunde das abwechslungsreiche Programm. Künstler, die unter dem Jahr oft händeringend nach mehr Besuchern Ausschau halten, durften sich freuen: Viele Veranstaltungen waren so gut besucht, dass die vorbereiteten Sitzgelegenheiten bei Weitem nicht ausreichten.
Auch die Vernissage „Neue Arbeiten“, mit der sich der Förderverein Kultur und Naherholung an der Kulturnacht beteiligte, lockte überdurchschnittlich viele Gäste an. Zwölf bekannte Künstler aus der Region haben noch bis 12. November Gelegenheit, ihre Werke zu zeigen. Vor 19 Jahren erinnerte Vereinsvorsitzende Helga Kern-Bechter, hatte die erste Ausstellung im Neubau am Schulmuseum stattgefunden. Die Vielzahl der Künstler und der Kunsttechniken mit Malerei, Bildhauerei, Grafik und Lithografie erlaubt einen guten Einblick in das Kunstschaffen in der Region.
Theo Krötzinger, der 2003 erstmals in Ichenhausen ausstellte, darf in der Riege der heimischen Maler nicht fehlen. Er ist unter anderem mit großformatigen, stark farbigen Landschaftsbildern mit heimatlichem Bezug vertreten. Herbert Stummvoll aus Langenau zeigt Werke, die von holländischen Stillleben inspiriert sind. Doch Stummvoll denkt im Heute: Aus den Überresten üppiger Barockfestmahle ist der Müll der modernen Verpackungsgesellschaft geworden. Stummvolls janusköpfige Bilder mahnen einerseits einen vernünftigen Umgang mit den Ressourcen an, andererseits kann er dem Konsummüll ästhetische Züge abgewinnen.
Die Ichenhauserin Barbara Quintus zeigte 2003 erstmals ihre Werke im Museumsneubau. Die Künstlerin zeigt Frauengesichter aus weißem Beton, teils farbig gefasst, und Gemälde, in denen sie ihre Leidenschaft für die Schönschrift ausdrückt. Schrift als ästhetisches Element, die nicht in Worten, sondern in Zeichen kommuniziert.
Auch Petra Wende aus Ettenbeuren, die 2012 eine Ausstellung im Museum hatte, ist mit Skulpturen und Bildern vertreten. Ihre Bronzen Salome und Penthesilea greifen Frauengestalten der antiken Mythologie auf, deren Stärke und Dynamik die Künstlerin in der Bewegung Figuren spiegelt. Wie in ihren großformatigen, stark farbigen Bildern experimentiert Petra Wende mit der Mischung unterschiedlicher Materialien. Sonnenwagen begleiten Basilius Kleinhans seit Jugend an und nehmen in seinem künstlerischen Werk einen breiten Raum ein. Die in der Ausstellung zu sehenden formal strengen Bronzen des Künst- deren Vergoldung an Sonnenlicht erinnern, thematisieren auch seinen zweiten Schaffensschwerpunkt, das Haus.
Holzarbeiten von Hans Gerd Matka, kreiert aus Fundstücken der Natur dynamischer Kunstwerke, die die Struktur des Baumfragmentes mit dem gestalterischen Willen des Künstlers vereinen, sind ebenihrer falls zu sehen. Der Holzbildhauer Hermann Bigelmayr, schon 2004 in Ichenhausen zu sehen, verwandelt den technisch strengen Ausstellungsraum des Museums mit seinen im Raum schwebenden Rosenblättern in eine Erlebniswelt.
2009 war Barbara Schreiner in Ichenhausen. Ihre Keramikarbeiten thematisieren meist Frauengestallers, ten, doch nun finden die Besucher auch drei Musiker, typisch in unglasiertem Ton gearbeitet, wodurch Farbe und Struktur des Werkstoffs sichtbar bleiben. Heide Nonnenmacher, 2006 im Museum, ist nun mit Arbeiten zu sehen, die sich mit der geologischen Besonderheit ihrer Heimat auseinandersetzen. Die Nattheimerin setzt Objekte aus der prähistorischen Unterwasserwelt in filigranes Porzellan um. Die Grafikerin Anita Kreck, letzte Ausstellung 2004, ist mit Bleistiftzeichnungen vertreten, auf denen Tiere als Metaphern für das menschliche Dasein fungieren.
2010 waren bereits Werke von Myrah Adams in Ichenhausen ausgestellt. Ihre Zeichnungen zeigen das Ineinandergreifen von Scheinwelten, Realität und Abstraktion. Bilder, die zum genauen Hinsehen und Entdecken auffordern. Das zentrale Ausstellungsstück aus 27 Einzelbildern soll bis zur Finissage am 12. November um zusätzliche Bilder erweitert werden. Ein alter Bekannter ist auch Wolfgang Steiner. Der Maler und Lithograf hatte 2015 seine bislang letzte Ausstellung in Ichenhausen. Seine surrealen, teils abstrakten und meist mit viel Humor gespickten Lithos sind Einladungen auf Entdeckungsreisen. Der Künstler wird, kündigte Helga Kern-Bechter an, im Herbst einen Vortrag über die in Vergessenheit geratende Technik der Lithografie halten.
Begleitet wurde die Ausstellungseröffnung von Jazz up, der Formation, die es versteht, den Jazz in die Gemüter zu spielen. Als Hintergrundmusik und zum genauen Hinhören gleichermaßen geeignet, gelingt es den Jazzern, ihre positiven Schwingungen auf die Zuhörer zu übertragen. Die Band spielte noch lange an diesem Abend, bis sie schließlich zum Ausklang der Nacht der Kultur auf der Dilldapperbühne die Nachtschwärmer verzückte.
Auch die Freunde der Klassik und der Literatur kamen in der ersten Ichenhauser Kulturnacht auf ihre Kosten. Humorvolle Lesungen und Führungen wurden begeistert angenommen. Vorträge der Musikschüler, allen voran den Gitarre spielenden Vogg Brothers, den angehenden Berufsmusikern der Euphonic Brass, aber auch exquisiter Profis wie der Musikprofessorin Senta Krämer, den Pianisten Stephanie Knauer und Marcus McLaren, Organistin Anne Liebe und Sängerin Barbara Buffy bereiteten dem ausdauernden Publikum großes Vergnügen. Fazit: eine Kulturnacht mit dem Potenzial einer Kultveranstaltung.