An was es bei der CSU fehlt
Es waren heftige Erschütterungen am vergangenen Sonntagabend, die die nicht nur den Landkreis Günzburg erfasst haben, sondern die gesamte Republik. Seither wurden zahlreiche Nachbeben registriert. Zum Glück ist keine Naturkatastrophe über uns hereingebrochen. Wir sprechen nur von einer Bundestagswahl; allerdings von einer mit erheblichen Auswirkungen, die im Einzelnen noch gar nicht absehbar sind. Die Unfähigkeit der etablierten Parteien, sich den Bedürfnissen der Menschen zuzuwenden und Lösungen anzubieten, ist eine von mehreren Erklärungen, warum die rechtspopulistische AfD mit ihrem peinlichen Spitzenkandidaten und „Hobbyjäger“Alexander Gauland in den Bundestag einzieht.
Der Alternative für Deutschland dürfte es wurscht sein, ob sie nun aus Protest gewählt worden ist oder aus Überzeugung. 12,6 Prozent der Wähler hat sich vor wenigen Tagen deutschlandweit für die Rechtsaußen-Partei entschieden. Im Kreis Günzburg waren es mehr (16 Prozent), im Ort Waltenhausen waren es weitaus mehr (22,5 Prozent) – und in einzelnen Ortsteilen von Gemeinden noch mehr. Das macht die AfD vor allem zu einem Problem für die CSU. Denn die muss sich in einem Jahr erneut dem Wählervotum stellen – dieses Mal in München und als Regierungspartei mit Alleinvertretungsanspruch, der sozusagen als Gewohnheitsrecht bereits abgeleitet ist. Doch wie die Dinge im Augenblick liegen, bedarf es einer immensen Kraftanstrengung, die Glanz-und-Gloria-Resultate der Vergangenheit noch einmal einzufahren.
Viele Menschen haben das Thema Flüchtlingspolitik als wichtig empfunden. Die CSU ist hier als brüllender bayerischer Löwe in München gestartet und als Bettvorleger in Berlin geendet. Da muss sich kein Parteistratege wundern, wenn das fehlende Durchsetzungsvermögen mit Liebesentzug an der Wahlurne bestraft wird.
Dass es die CSU als bayerische Regionalpartei im Bund in der vergangenen Legislaturperiode nicht leicht gehabt hat, liegt auf der Hand. Nur sollte im Streit um den besten Weg in einer hochkomplexen Welt dann auch nicht der Eindruck von politischer Omnipotenz vermittelt werden.
Die Menschen sind nicht an einer inszenierten Politshow interessiert, sondern an Fakten. Angela Merkels CDU-Vorgänger im Amt, der frühere Kanzler Helmut Kohl, hat das einmal treffend formuliert: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“Dazu bedarf es aber einer Geschlossenheit, die durch Seehofers fehlende Nachfolgeregelung und durch Diadochenkämpfe im Inneren der CSU konterkariert wird. Der Landtagswahlkampf 2018 im Landkreis wird spannender als es sich die CSU je gewünscht hätte.