Das Gemeinsame steht im Mittelpunkt
Mehr als 250 Christen kamen zum 1. Ökumenischen Kirchentag nach Günzburg
Günzburg Mehr als 250 Günzburger Christen machten sich am Tag der Deutschen Einheit auf den Weg zum 1. Ökumenischen Kirchentag rund um die Heilig-Geist-Kirche. Sie bekamen von der römisch-katholischen und der evangelisch-lutherischen Geistlichkeit Impulse für ein Miteinander.
Geistlicher Rat Ulrich Däubler sagte bei der Begrüßung im festlichen Wortgottesdienst: „Jedes Reformationsjubiläum stand unter einem Motto, das 500-jährige in diesem Jahr unter dem Gesichtspunkt der Ökumene, den Glauben gemeinsam zu feiern.“Das war nicht immer so. Dekan im Ruhestand Wolfgang Stark sagte ganz offen: „Lasst uns 500 Jahre Hass und Trennung vor Gott hinlegen und eine vertrauensvolle Offenheit der Günzburger Christen schaffen.“
Sehr persönlich gestalteten die beiden Gastprediger ihre Worte. Prälat Dr. Bertram Meier aus Augsburg bekannte: „Ich bin keine typisch römisch-katholische Züchtung, mein Papa war evangelischer Lektor, die Mama im katholischen Frauenbund. Meine Eltern erlebte ich als konfessionsverbindend.“Zum zweiten Mal habe er dann die Ökumene kennengelernt, beim Studium im Rom. Unter anderem sang Meier bei den Evangelischen im Chor mit. Meier gab den Günzburgern mit auf den Weg: „Ihr seid Christi Visitenkarte. Die Bibel eint uns.“
Ernst Öffner, Regionalbischof im Ruhestand, erzählte aus seiner Kindheit in einer evangelischen Familie in München mit einem Diakon als Vater: „Noch vor 60 Jahren suchte ein Römisch-Katholischer vergeblich bei meinem Vater deutlich sichtbare Zeichen des Teufels.“Er finde es schön, dass es unterschiedliche Wohnungen (die Konfessionen) unter einem Dach (Gott) gebe, man könne sich einladen und miteinander feiern. Nicht zuletzt Papst Franziskus mache eine Einheit möglich. Öffner fand zu aktuellen Themen deutliche Worte: „Christen sollen gegen die Spaltungen, die momentan in Deutschland, den USA und anderswo stattfinden, zusammenhalten. Der Blick auf Flüchtlinge soll mit Augen der Liebe fallen.“
Einem „Dein Gott ist mein Gott“stimmten Pfarrer Christoph Was- serrab, Heribert Singer und Friedrich Martin unumwunden zu. Eindrucksvoll wurde die Geschichte von Ruth und Naomi, zwei Frauen mit unterschiedlichem Glauben, die zueinanderfinden, aus dem Alten Testament gespielt, vertieft wurde sie im gleichnamigen Workshop. Gebastelt und gespielt wurde beim Kirchentag auch bei den Jüngsten, die ein Panorama von fröhlichen Fischen, die gemeinsam im Meer unterwegs sind, gestalteten.
Bei Pfarrer Alexander Bauer drehten Schulkinder einen Film, wie es früher war, als gestritten wurde zwischen den Lutherischen und den Katholischen, und wie es heute dank der Ökumene viel besser läuft. Auf das größte Interesse mit über 60 Teilnehmern stieß der Workshop mit Prälat Meier und Regionalbischof Öffner. Auf die Frage, was jeder an der anderen Kirche schätze, antwortete Meier: „Die Eigenverantwortung des Einzelnen, die auf Herz und Gewissen, entsprechend kultiviert, gründet.“Und Ernst Öffner: „Dass die Katholiken ihre Kirche so lieben, ihre Frömmigkeit und Loyalität.“
Die Illusion von vollen Kirchenbänken bei den Katholischen musste Meier allerdings einer Dame nehmen: „Zu den regelmäßigen Gottesdienstbesuchern zählen wir 15 Prozent der Kirchengemeinde.“Bei den Protestanten seien es fünf Prozent, schob Öffner nach.
Ingelore Köppler wünschte sich, dass sich die Kirchen mehr einmischten und klarmachten, dass der Glaube für den Staat und die Stadt stehe. Wie viele Glaubenszeichen in Günzburg am Straßenrand stehen, konnte ebenso erlebt werden wie eine Kunstführung durch die Auferstehungskirche. Musik und Lieder berührten nicht nur während des Wortgottesdiensts, sondern auch in der Runde, die sich im Heilig-GeistKindergarten traf. Philosophiert werden konnte bei „Glaube und Denken“und um zentrale Bibelstellen zu Maria ging es in kleiner, aber sehr persönlicher Runde. Die Weihnachtsgeschichte, die Geburt von Jesus durch Maria, bestimmt noch heute unsere Zeitrechnung. „Wir können doch miteinander“, befanden die Pfarrer Martin und Wasserrab beim gemeinsamen Abschluss in der Kirche, ehe es in das wegen der überwältigenden Teilnehmerzahl bis auf den letzten Platz gefüllte Kolpinghaus zum Mittagessen ging.