Schwebende Wände auf Günzburgs Vorzeige-Baustelle
Die Arkadenpfeiler des Schlosses schwebten in den vergangenen Tagen über das Pflaster. Das Bauteam hatte bei seiner spannenden Aufgabe einen besonderen Gast aus Italien
Günzburg Es ist Günzburgs derzeit wohl prominentestes Bauprojekt: Das Stadtschloss wird derzeit aufwendig saniert. Dabei kam in den vergangenen Tagen spezielle Technik zum Einsatz – und das Bauteam der Firma Bendl hatte einen Gast aus Italien, der die Arbeiten hautnah mitverfolgen konnte.
Wer in den vergangenen Tagen die Günzburger Innenstadt über den Schlosshof betrat, dem bot sich durch den Bauzaun der Schlossbaustelle ein spektakuläres Bild. Die massiven Arkadenpfeiler des Westflügels schwebten ohne Bodenkontakt über dem Pflasterbelag. Der zweite Blick offenbarte des Rätsels Lösung: Das durch die Jahrhunderte zerstörte Mauerwerk unter den Arkadenstützen musste durch stabile Stahlbetonfundamente ersetzt werden. Für den Bauzustand war daher eine aufwendige Hilfskonstruktion notwendig. Mittlerweile sind die Abfangarbeiten abgeschlossen.
Seit Juli laufen die Baumaßnahmen für die Generalsanierung des Schlosses. Ein erster Bauabschnitt umfasst den aus der Renaissancezeit stammenden Westflügel. Neben den Unterfangungsarbeiten der Arkadenpfeiler muss auch die auf der Westseite integrierte ehemalige Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert neu fundamentiert werden, heißt es aus dem Staatlichen Bauamt Krumbach, wo die Arbeiten geplant und koordiniert werden.
Nach Abschluss der Arbeiten im Sommer 2019 soll hier der neue Haupteingang des Finanzamtes mit dem Service-Zentrum untergebracht sein. Das Staatliche Bauamt Krumbach rechnet mit Kosten für den ersten Abschnitt von etwa sieben Millionen Euro.
Das ehemalige Schloss Günzburg ist ein überregional bedeutsames Baudenkmal und ein Wahrzeichen der Stadt. Das markgräfliche Schloss ist das einzige von Habsburgern erbaute Schloss in Deutschland und hat hierdurch eine besondere geschichtliche Bedeutung. Der in dieser Anordnung für Schwaben einmalige Schlosskomplex wurde zusammen mit der Günzburger Hofkirche in den Jahren 1575 bis 1586 unter Erzherzog Ferdinand II. von Tirol, dessen Sohn Karl von 1609 bis 1618 hier als einziger Markgraf von Burgau residierte, durch den Baumeister Alberto Lucchese errichtet.
An dieses prominente Studienobjekt durfte sich auch die sizilianische Schülerin Alessia Pino heranwagen: Im Rahmen eines zweiwöchigen Praktikums bei der Firma Bendl durfte sie mit auf Günzburg derzeit wohl bedeutendste Baustelle.
Zwischen dem Günzburger Dossenberger Gymnasium und dem Gymnasium in Milazzo (Sizilien) findet ein reger Schüleraustausch statt. Daraus ergeben sich neben vielen Freundschaften auch vertiefende Kontakte zur Wirtschaft und Kultur des jeweiligen Gastlandes. Durch Vermittlung von Oberbürgermeister Gerhard Jauernig absolvierte Alessia Pino nun ihr Praktikum bei Bendl.
Die Italienerin, die unter anderem ihre Deutschkenntnisse vertie- fen wollte, schnupperte in die interessante und vielfältige Welt der Bauleute. Bei den beeindruckenden Bauarbeiten, die momentan an einem Seitenflügel des Günzburger Schlosses stattfinden, konnte sie miterleben, wie eine komplette Gebäudewand über drei Etagen angehoben wurde. Mit Hydraulikstempeln und einem Druck von jeweils zwölf Tonnen wurde die Wand angehoben und auf Stahlträger gelegt. Dadurch schwebt der Gebäudeteil praktisch in der Luft, um darunter ein neues, solides Fundament zu gießen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass das alte Gebäude in Zukunft sicher und stabil stehen wird. Alessia war von so viel innovativer Handwerkskunst der Mitarbeiter von Polier Frank TomcalaHieber mehr als beeindruckt. Sie nutzte ihre Praktikumszeit, um alles fotografisch zu dokumentieren.
Beim Abschied versicherte sie, dass sie sich gut aufgenommen gefühlt habe und gerne wieder kommen würde, um das Gebäude dann im runderneuerten Zustand wieder zu sehen. Und vielleicht ergibt sich so eine engere Bindung zwischen Günzburg und Milazzo.