Guenzburger Zeitung

Die Leipheimer Zirkusfami­lie trauert

Projekt Der Mitmachzir­kus in Leipheim stand und fiel mit seinem Direktor Eugen Baumeister. Nach seinem Tod steht in den Sternen, ob es überhaupt weitergeht

- VON HEIKE SCHREIBER

Der Kinderzirk­us MiMa in Leipheim trauert um seinen ehrenamtli­chen Direktor. Wie es jetzt weitergeht, weiß keiner.

Leipheim Es war wie eine große eingeschwo­rene Familie, die über Jahre fest zusammenge­halten hat: Jeden Freitagnac­hmittag, außer in den Ferien, haben sich die kleinen Artisten des Mitmachzir­kus Mima in der Jahnhalle in Leipheim getroffen. Zusammen mit ihrem rein ehrenamtli­chen Zirkusdire­ktor Eugen Baumeister, dessen Frau Ingrid und seiner Tochter Daniela haben die Kinder trainiert. Sie haben wie in einem echten Zirkus jonglieren oder tanzen gelernt, ganz ohne Drill, dafür mit ganz viel Spaß verbunden. Doch jetzt wurde die Zirkusfami­lie ziemlich jäh auseinande­rgerissen. Nach schwerer Krankheit ist ihr Direktor Eugen Baumeister im Alter von 62 Jahren gestorben. Der Zirkus pausiert, ob er wieder zum Leben erweckt wird, steht in den Sternen. Baumeister­s Frau und Tochter möchten nicht weitermach­en.

Im Landkreis Günzburg ist es bislang ein einmaliges Projekt: Kinder und Jugendlich­e aller Nationalit­äten konnten mit Unterstütz­ung Ehren- amtlicher zu Artisten werden, Diabolos durch die Luft tanzen lassen oder auf Kugeln balanciere­n. Ins Leben gerufen hat den Mitmachzir­kus für Kinder ab sieben Jahren Burkhardt Wagner im Januar 2009. Der damalige Quartierma­nager Soziale Stadt und Leiter des Mehrgenera­tionenhaus­es Leipheim wollte ein besonderes integrativ­es Projekt schaffen und weil er selbst einmal ein Praktikum im Zirkus absolviert hatte, entstand seine Idee für Mima.

Er suchte Unterstütz­ung und fand sie in Eugen Baumeister. Der war damals gerade als Soldat in Ruhestand gegangen und wollte sich sozial engagieren. Mit der Zeit schlüpfte er in die Rolle des Zirkusdire­ktors, und da im echten Leben Zirkus eigentlich immer Familiensa­che ist, mischten bald auch Frau Ingrid, Tochter Daniela Ihle und die Enkel Vanessa und Dominik mit. Mit einem großen Unterschie­d, wie Baumeister stets betonte: „Hier wird nicht mit Drill eine Zirkusnumm­er einstudier­t.“Die Kinder probieren aus, schauen sich Tricks von den Größeren oder aus dem In- ternet ab, üben und stellen ihre eigene Zirkusnumm­er zusammen. Die Familie Baumeister ist damals so hineingeru­tscht, „wir hatten keine Ahnung von der Materie“, sagt Ingrid Baumeister im Rückblick. Alle drei mussten sich einarbeite­n, Requisiten besorgen, sie selbst hat Kostüme genäht, Tochter Daniela Musik und Programme ausgewählt und zusammenge­stellt. Ihr Mann kümmerte sich um das Management der Auftritte, bis zu achtmal im Jahr traten die kleinen Künstler bei allerlei Festen oder in Altenheime­n auf. Die Belohnung: Das Projekt bekam 2014 einen der fünf Integratio­nspreise der Regierung von Schwaben. Bis zuletzt hat der 62-Jährige versucht, mit von der Partie zu sein. „Mein Mann hat den Zirkus und die Kinder geliebt. Er war der Mittelpunk­t des Ganzen“, sagt Ingrid Baumeister. Seine schwere Krankheit habe sie und ihre Tochter viel Kraft gekostet. Ohne ihn hätten sie nicht mehr die Energie, den Zirkus alleine fortzuführ­en. „Auch wenn es schmerzt aufzuhören“, gesteht Daniela Ihle. „Aber es hängen zu viele Erinnerung­en daran.“Dennoch sei ihnen viel daran gelegen, dass Mima weiterlebt, auch oder gerade der Kinder wegen. Die Handvoll, die noch geblieben ist, würde gerne weitertrai­nieren. Und Mutter und Tochter verspreche­n: „Ein neues Team beraten wir gerne und geben unser kleines Erbe weiter.“

Die Leiterin des Mehrgenera­tionenhaus­es Anke Escher hofft sehr, dass der Zirkus nach einer Pause wieder durchstart­et. Der Tod Baumeister­s habe sie tief getroffen. „Es ist ein Riesenverl­ust für alle.“Baumeister habe unglaublic­h viel Herzblut in Mima gesteckt. Einen vergleichb­aren Nachfolger oder überhaupt ehrenamtli­che Helfer zu aktivieren, werde sehr schwierig werden. Auch Bürgermeis­ter Christian Konrad würde es bedauern, wenn das Projekt begraben werden müsste. „Es ist eine Institutio­n, es wäre schön, wenn wir sie fortführen könnten.“ Informatio­nen zu Mima im Mehrge nerationen­haus Leipheim, Hermann Köhl Straße 3a, Telefon 08221/278788.

 ?? Archivfoto: Sandra Kraus ?? Zirkusdire­ktor Eugen Baumeister (vorne links) hat zusammen mit seinen Kinderzirk­us Artisten mit Akrobatik, Clownerie und Jonglage stets das Publikum zu begeistern ge wusst. Nach dem Tod Baumeister­s ist unklar, ob es weiterhin diesen Zirkus geben wird.
Archivfoto: Sandra Kraus Zirkusdire­ktor Eugen Baumeister (vorne links) hat zusammen mit seinen Kinderzirk­us Artisten mit Akrobatik, Clownerie und Jonglage stets das Publikum zu begeistern ge wusst. Nach dem Tod Baumeister­s ist unklar, ob es weiterhin diesen Zirkus geben wird.

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