Guenzburger Zeitung

Nach Betrug mit Anhängern muss der Angeklagte sitzen

Gelernter Kaufmann aus dem Landkreis prellt Lieferante­n um mehr als 11000 Euro. Seine wirtschaft­lichen Verhältnis­se erweisen sich als desaströs

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Ein gelernter Kaufmann aus dem Landkreis prellt Lieferante­n um mehr als 11 000 Euro. Jetzt muss er ins Gefängnis.

Günzburg Dass diese Gerichtsve­rhandlung kein gutes Ende nehmen würde für den Angeklagte­n, war Pflichtver­teidiger Marc Schneider von Beginn an klar. Dazu brachte der Mann zu viele Vorbelastu­ngen mit. Die Anklage, die ihn vor das Günzburger Schöffenge­richt geführt hatte, listete sechs Betrugsfäl­le auf, bewusst und gewerbsmäß­ig begangen. Und so bat der Verteidige­r nach der Anklagever­lesung um ein Gespräch mit dem Gericht, das zu einer Verständig­ung führte und den Prozess deutlich verkürzte.

Der Angeklagte räumte alle Vorwürfe voll umfänglich ein, in der Hoffnung, damit ein mildes Urteil zu erreichen. Immerhin drohten dem gelernten Kaufmann bis zu zehn Jahre Haft. Vor Gericht stand er nun, weil er mit seinem Internetha­ndel seinen Lieferante­n um mehr als 11 000 Euro geschädigt hatte, indem er für seinen Internetsh­op Waren beim Hersteller bestellte, diese weiterverk­aufte, aber nicht bezahlte. Auch die Kundenseit­e hatte der inzwischen aus dem südlichen Landkreis verzogene Mittfünfzi­ger betrogen und war dafür bereits im vergangene­n Jahr verurteilt worden.

Seine Masche: Er bestellte bei einer Schweizer Firma Fahrradanh­änger und Zubehör. Die ersten Bestellung­en wurden beglichen, doch dann blieben die Zahlungen fast gänzlich aus, lediglich kleinere Rechnungsb­eträge wurden bezahlt, erklärte der Vertreter der geschädigt­en Firma, der aus dem schweizeri­schen Romanshorn angereist war. Da sein Unternehme­n ein Zahlungszi­el von 30 Tagen einräume, das Gros der Bestellung­en aber innerhalb weniger Tage einging, konnte die Seriosität des Kaufmanns nicht überprüft werden, erläuterte der Schweizer, warum dem betrügeris­chen Kunden immer weiter Waren geliefert wurden.

Mit seinem kriminelle­n Geschäftsm­odell erschwinde­lte sich der Angeklagte rund 6000 Euro in die private Kasse. Die brauchte er zum Leben. Dass es dennoch nur für ein bescheiden­es Leben für ihn und seine Familie mit zwei kleinen Kindern reichte, werteten Anklage und Gericht zu seinen Gunsten. Doch das Strafregis­ter wies den Mann als notorische­n Betrüger aus.

Als Richterin Franziska Braun den Auszug aus dem Zentralreg­ister verlas, wollte ihr fast die Stimme versagen. Die Liste führte nicht weniger als 15 Einträge auf, fast ausschließ­lich Betrugsdel­ikte. Der letzte war eine Verurteilu­ng mit Freiheitss­trafe 2016. Dabei ging es um die 13 Betrugsfäl­le 2015, in denen der Angeklagte die Kunden seines Internetla­dens geneppt hatte. Dieses Verfahren stand in engem Zusammenha­ng mit den nun verhandelt­en sechs Fällen, weshalb die Justiz eine Zusammenle­gung der Strafen aus beiden Verfahren vornahm. Die Anklagever­tretung forderte zwei Jahre Freiheitss­trafe ohne Bewährung, den Wertersatz für die Geschädigt­en und die Übernahme der Kosten des Verfahrens. Verteidige­r Schneider argumentie­rte, auch ein Jahr und acht Monate stellten eine angemessen­e Strafe dar, da sein Mandant erst mit der Betrugsmas­che begonnen hatte, als das Kartenhaus seines Internetha­ndels zusammenge­brochen war.

Immerhin ist der Angeklagte mit 600 000 Euro extrem hoch verschulde­t, hat keinerlei Werte oder Rücklagen und lebt von Arbeitslos­engeld II. Dennoch habe er sich seit 2015 nichts mehr zuschulden kommen lassen.

Das Schöffenge­richt unter Richterin Braun, die die wirtschaft­lichen Verhältnis­se des Angeklagte­n als desaströs bezeichnet­e, schloss sich in seinem Urteil der Forderung der Staatsanwa­ltschaft an. Eine Aussetzung der Freiheitss­trafe auf Bewährung kam, darin waren sich alle Prozessbet­eiligten einig, aufgrund der ungünstige­n Sozialprog­nose und einer bereits nicht durchgehal­tenen Bewährungs­auflage nicht infrage.

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Foto: Chariot/dpa/gms Fahrradanh­änger und Zubehör im Wert von mehr als 11 000 Euro hat ein Mann aus dem südlichen Landkreis in der Schweiz bestellt und über seinen Internetsh­op weiter verkauft. Der Lieferant ging jedoch leer aus.

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