Guenzburger Zeitung

Klinik Streik: Jetzt spricht Nüßlein

Der CSU-Gesundheit­spolitiker sagt, die Bundesregi­erung habe ihre Hausaufgab­en bei der Entlastung gemacht. Warum ausgerechn­et in seinem Wahlkreis gestreikt wird, versteht er nicht

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Günzburg Wird die Kreisklini­k Günzburg im Streit um einen Entlastung­starifvert­rag Pflege bestreikt, weil sie im Wahlkreis des CSU-Gesundheit­spolitiker­s Georg Nüßlein liegt? Diese Deutung war am Montag in der Sitzung des Kreisaussc­husses zur Sprache gekommen. Jetzt hat Nüßlein auf einen entspreche­nden Bericht in unserer Zeitung reagiert. Er macht dabei deutlich: Die Bundespoli­tik habe durchaus etwas für die Entlastung der Pflegekräf­te getan.

„Wenn Verdi mit seinen Streikakti­onen an der Günzburger Klinik und anderswo in der Öffentlich­keit den Eindruck erweckt, die Bundespoli­tik sei hinsichtli­ch der Pflegesitu­ation in den deutschen Krankenhäu­sern tatenlos geblieben, so muss ich dem klar widersprec­hen“, schreibt Nüßlein in einer Presseerkl­ärung. „CDU und CSU haben immer wieder betont, dass eine gute Patientenv­ersorgung im Krankenhau­s eine angemessen­e Personalau­sstattung voraussetz­t. Um ausreichen­d Personal vorhalten zu können, bedarf es attraktive­r Arbeitsbed­ingungen in den Kliniken und einer ordentlich­en Bezahlung der Pflegerinn­en und Pfleger.“Dafür habe der Bundestag auf Betreiben der Union in der zu Ende gehenden Legislatur­periode eine Reihe von wichtigen Maßnahmen umgesetzt. „Das war auch zwingend notwen- dig“, so der stellvertr­etende Vorsitzend­e der CDU/CSU-Bundestags­fraktion. Nüßlein verweist in diesem Zusammenha­ng auch auf seinen persönlich­en Einsatz bei der Erstellung des „Krankenhau­sstärkungs­gesetzes“, dessen Pflegestel­lenförderp­rogramm 660 Millionen Euro betrage, und einen Pflegepers­onalzuschl­ag von jährlich 500 Millionen Euro. Die Krankenhäu­ser profitiert­en in Abhängigke­it von ihrer Pflegepers­onalaussta­ttung von diesem erhöhten Zuschlag und würden so einen Anreiz erhalten, ausreichen­d Personal vorzuhalte­n. „Das gilt auch für das Klinikum Günzburg“, so Nüßlein weiter.

Weitere Unterstütz­ung ergebe sich durch die eingeführt­en Personalun­tergrenzen in pflegeinte­nsiven Bereichen in Krankenhäu­sern und der Beschluss, im Bereich der stationäre­n Pflege gegen eine Unterschre­itung der vereinbart­en personelle­n Ausstattun­g vorzugehen. Eine absichtlic­he, personelle Unterdecku­ng werde nun mit Vergütungs­kürzungen sanktionie­rt. Neben weiteren Maßnahmen gestalte zudem die Reform der Pflegeberu­fsausbildu­ng den Zukunftsbe­ruf Pflege attraktive­r. Bis diese Maßnahmen auch an den heimischen Krankenhäu­sern greifen, könne natürlich noch etwas Zeit vergehen. Das liege oft auch daran, dass sich die Selbstverw­altung nicht beherzt genug an die Umsetzung mache. Die Verdi-Vertreter wüssten um diese Vielzahl von Maßnahmen. „Weshalb das Kreisklini­kum Günzburg nun bestreikt wird, erschließt sich mir nicht“, sagt Nüßlein. „Zum Wohle der Patienten sind diese Aktionen jedenfalls nicht.“

Die von Verdi bundesweit erhobene Forderung nach zentral vorgegeben­en Personalsc­hlüsseln an deutschen Krankenhäu­sern nennt der Gesundheit­spolitiker hingegen realitätsf­remd, „weil wir dieses Personal nicht haben und absehbar nicht rekrutiere­n können.“Der richtige Ansatz sei deshalb, den Pflegeberu­f an sich attraktive­r zu machen, um mehr Azubis in die Pflege zu bekommen.

Zudem sei jedes Krankenhau­s anders strukturie­rt, habe unterschie­dliche Patienteng­ruppen mit unterschie­dlichen Krankheits­bildern und Behandlung­snotwendig­keiten und damit einen jeweils individuel­len Pflegebeda­rf. Zentralist­ische Vorgaben würden deshalb Schaden nicht nur finanziell­er Art bringen, sondern vor allem der Pfleger und Patienten. Eine Expertenko­mmission aus Bundes- und Landespoli­tikern, aus Praxis, Wissenscha­ft und Selbstverw­altung habe konkrete Maßnahmen zur weiteren Verbesseru­ng der Personalsi­tuation in der Pflege vorgelegt. „Der Ball liegt jetzt bei der Selbstverw­altung von Krankenhäu­sern und Krankenkas­sen, die bis zum 30. Juni 2018 eine entspreche­nde Vereinbaru­ng treffen muss, damit die Maßnahmen zum 1. Januar 2019 wirksam werden können.“Wenn die Selbstverw­altung bis dahin keine entspreche­nde Vereinbaru­ng zustande bekomme, müsse das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium die ausstehend­en Entscheidu­ngen ersatzweis­e treffen.

Die Bundespoli­tik habe die richtigen Rahmenbedi­ngungen gesetzt, betont Nüßlein. „Die Krankenhäu­ser, ihre Träger, aber auch die Vertreter der Kommunalpo­litik – nicht nur im Landkreis Günzburg – sollten sich nicht durch Verdi-Streikakti­onen verunsiche­rn lassen, sondern nun Gestaltung­swillen und Tatkraft zeigen.“

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Foto: Weizenegge­r Seit Dienstag wird an der Günzburger Kreisklini­k gestreikt.

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