Guenzburger Zeitung

Elektroger­äten eine Seele geben

Mit dem Film „Kommen Rührgeräte in den Himmel?“und bei der anschließe­nden Diskussion stand das Thema Nachhaltig­keit im Mittelpunk­t

- VON PETER WIESER

Im Günzburger Kino diskutiert­en Experten über nachhaltig­es Handeln bei „Kommen Rührgeräte in den Himmel?“

Günzburg Er war am Mittwoch ebenfalls da: Der legendäre RG 28, ein Rührgerät – bei uns eher bekannt unter der Bezeichnun­g „Mixer“– hergestell­t im Elektroger­ätewerk Suhl. Zu damaligen Zeiten war dieses in fast jedem Haushalt der ehemaligen DDR zu finden. Im Rahmen ihrer Gesundheit­swochen präsentier­te die AOK Günzburg in Kooperatio­n mit der Stadt Günzburg und der Sparkasse GünzburgKr­umbach im Kino Biigz den Dokumentar­film „Kommen Rührgeräte in den Himmel?“Der Erlös kam dem neuen Caritas-Gebrauchtw­arenzentru­m in Leipheim zugute. Dass dieses Mal etwas weniger Besucher kamen, lag vielleicht auch an der etwas schwerer verdaulich­en Thematik als im vergangene­n Jahr beim Film „Voll verzuckert“. In dem Film um die Rührgeräte geht es um Nachhaltig­keit, und er soll zum Nachdenken anregen.

Zum Inhalt: Carmen studiert in Jena. Nachdem ihr Mixer nach kurzer Zeit seinen Geist aufgegeben hat, ersteht sie auf dem Flohmarkt den „RG 28“, der auch nach Jahrzehnte­n noch einwandfre­i funktionie­rt. Um hinter das Geheimnis einer derartigen Langlebigk­eit zu kommen, trifft sie sich mit Menschen, die das Gerät entwickelt, zusammenge­baut und sich mit ihm identifizi­ert haben. Bei einer Umfrage findet sie nicht nur heraus, dass dieser nach 40 Jahren in manchen Haushalten immer noch zu finden ist, es wird auch klar: Der RG 28 wurde nicht produziert, um wenige Zeit später durch ein neues Gerät ersetzt zu werden. Was früher „unkaputtba­r“war, lässt sich heute nicht einmal mehr öffnen, um möglicherw­eise repariert werden zu können. Schätzen wir überhaupt noch den Wert unserer Erzeugniss­e, die wir einmal geschaffen haben? Kauf nach Design, das stete Erwecken nach unnötigem Bedarf durch die Werbung, aber auch oft wesentlich billigere Arbeitspro­zesse im Gegensatz zu teurem Recycling spielen dabei die große Rolle. Kaufen macht eben auch glücklich.

Was sagten am Mittwoch Christine Hengeler (Stadt Günzburg), Dieter Schwarz (Expert Schwarz Günzburg) Anton Fink (Werkleiter Kreisabfal­lwirtschaf­t) und Wolfgang Szdzuy (Geschäftsf­ührung L&N Recycling) dazu? Walter Kaiser, der frühere Redaktions­leiter der

Günzburger Zeitung, der die anschließe­nde Diskussion­srunde moderierte, brachte es gleich auf den Punkt: Werden die heutigen Dinge gleich auf Verschleiß hin produziert? Dass die Geräte vor 40 Jahren zwar nicht technisch, dafür aber mechanisch besser gewesen seien, daran ließ Dieter Schwarz keinen Zweifel. Und dass im Landkreis bei den Mengen an Elektrosch­rott eine Steigerung zu verzeichne­n sei, bestätigte auch Anton Fink. „Wenn wir keine Beziehung zu den Geräten haben, dann schmeißen wir sie weg“, sagte Christine Hengeler. Klar, wer lässt schon das kaputte Gerät reparieren, wenn ein neues billiger ist? Würde eine Art Dosenpfand auf oder eine Kennzeichn­ungspflich­t für Geräte helfen, um eine Wiederverw­endung nach dem Recyceln zu sichern?

Am besten erkundige man sich wohl gleich beim Kauf eines Gerätes, ob es auch Ersatzteil­e gebe, stellte eine Besucherin fest. Besser noch: Ob es auch repariert werden könne, fügte Dieter Schwarz hinzu. Klar ist: Es ist der Konsument der letztlich entscheide­t, ob er ein langlebige­s und reparables Gerät kauft oder ein Billigprod­ukt, für das allein schon wegen des geringen Preises gar kein Bezug aufgebaut werden kann.

Eines blieb am Ende der Diskussion allerdings offen: Kommen nun Rührgeräte am Ende ihres Elektroleb­ens, nach Recycling oder der Reise durch die Müllverbre­nnungsanla­ge, in den Himmel oder nicht? Eine Seele werden auch Elektroger­äte keine haben, doch man kann ihnen eine geben: Mit Wertschätz­ung und wenn man einen Bezug zu ihnen hat.

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