Meister über 600 PS
500 junge Frauen und Männer in Schwaben haben gestern ihren Meisterbrief bekommen. Einer ist Landmaschinen-Mechatroniker Florian Fackler. Er erklärt, warum sich die Mühe lohnt
Amerbach/Kempten Im Sommer bis hinein in den Herbst ist Hochsaison auf den Feldern. Die Landwirte bringen ihre Ernte ein. Traktoren und Häcksler sind über Stunden im Einsatz. Meist laufen sie reibungslos. Doch manchmal passiert eine Panne. Und dann ist die Arbeit von Florian Fackler gefragt. Er ist Landmaschinen-Mechatroniker und spezialisiert darauf, Traktoren und landwirtschaftliche Geräte wieder flottzumachen. Dieses Jahr hat der 26-Jährige aus dem Ortsteil Amerbach bei Wemding im Kreis DonauRies seinen Meister gemacht. Damit ist er einer von 500 jungen Frauen und Männern, die am Freitagabend in der Big Box in Kempten auf der Meisterfeier der Handwerkskammer für Schwaben ihre Meisterbriefe in Empfang nehmen konnten. Warum lohnt es sich, den Meister zu machen? Das sieht man am Beispiel von Florian Fackler.
Ein normaler Autoreifen reicht bis zum Knie, der Traktorreifen hier in der Werkstatt am Ortsrand von Amerbach dagegen bis zur Schulter. Alles hier in der Werkstatt ist etwas größer. Die Fahrzeuge, die Fahrzeugteile. In der Halle stehen heute mehrere Traktoren. Hier ist die Verkleidung entfernt, dort die Motorabdeckung aufgeklappt. Die Mitarbeiter beugen sich über Schläuche, Motoren, Kühler. Florian Fackler kennt jedes Teil. An einem Maishäcksler setzt er den Schraubenschlüssel an. Das Gefährt hat rund 600 PS, berichtet er. Ein neuer Häcksler kann rund 500000 Euro kosten, ein neuer Traktor 50 000 bis 150 000 Euro. Es ist auch viel Verantwortung, die der Beruf des Landmaschinen-Mechatronikers mit sich bringt. Florian Fackler macht die Arbeit gerne. Zwar habe man „Öl an der Hand, sobald man eine Schraube aufmacht“, sagt er. Doch der große Vorteil sei, dass die Abwechslung viel größer ist als in der Industrie. Reifen montieren, Motoren warten, Pflüge, Eggen, Hänger reparieren. „Es ist immer etwas Neues los“, sagt er. Doch nicht nur für die Technik hilft ihm der Meisterbrief.
Florian Fackler hat zuerst KfzMechatroniker gelernt, danach die Lehre zum Landmaschinen-Mechatroniker absolviert. Nun also der Meister. Warum? Ein Grund ist, dass er den Betrieb weiterführen will. Das Unternehmen Lefa Landtechnik mit 14 Mitarbeitern gehört zur Hälfte seinem Vater Josef Fackler, zur anderen Hälfte dessen Kompagnon Josef Lechner. Am Anfang verkaufte und wartete die Firma Traktoren von Fiat, heute sind es Traktoren der Nachfolgemarke New Holland. Der Betrieb besteht seit 25 Jahren. Florian Fackler kennt die Werkstatt seit seiner Kindheit. „Ich bin schon mit fünf, sechs Jahren dabei gewesen“, sagt er. In den Meisterkursen hat er sich kaufmännisches und rechtliches Wissen angeeignet. Das hilft, einen Betrieb zu leiten. Und der Meisterbrief hat zwei weitere Pluspunkte, berichtet Florian Fackler: „Zum einen darf man selbst Lehrlinge ausbilden.“Und zum anderen ist für angestellte Meister im Normalfall auch das Gehalt höher. Das Handwerk allgemein gewinnt derzeit an Beliebtheit. Es fangen wieder mehr junge Leute eine Lehre an.
In Kempten überreichte die Handwerkskammer für Schwaben nun 500 jungen Damen und Herren ihren Meisterbrief. Rund 1000 Gäste kamen. Schwabens Handwerkskammerpräsident Hans-Peter Rauch betonte dabei, dass der Meister für die Zukunft des Handwerks von großer Bedeutung ist: Mit dem Meisterbrief könnten die Jungmeister Führungspositionen übernehmen, als Betriebsleiter oder Ausbilder tätig werden und ein eigenes Unternehmen gründen und führen. Rauch, selbst „begeisterter Unternehmer“, warb bei der Übergabe der Meisterbriefe intensiv für die Selbstständigkeit im Handwerk. Doch bis zum Meister ist es auch harte Arbeit.
Ein Jahr und zwei Monate hat sich Florian Fackler dafür Zeit genommen. Bei den Meisterkursen gab es vier Teile – zwei technische, einen kaufmännisch-rechtlichen und einen Teil, der auf die Ausbildung von Lehrlingen vorbereitet. Im Jahrgang von Florian Fackler machten 22 junge Landmaschinen-Mechatroniker aus Schwaben ihren Meister. Ganz billig ist das nicht: Wer Meister werden will, investiert im Normalfall mehrere tausend Euro, kann aber Meister-Bafög in Anspruch nehmen. Doch Florian Fackler ist sich sicher, dass sich die Mühe und die Investition lohnen werden.
Denn Landmaschinen-Mechatroniker seien begehrt, berichtet er. Es gebe immer wieder offene Stellen, aber zu wenig Fachkräfte. Gleichzeitig wird der Beruf immer anspruchsvoller. Die Digitalisierung hat in die Landwirtschaft Einzug gehalten. Wer auf einem modernen Traktor sitzt, der findet dort einen Bildschirm. Manche Traktoren navigieren inzwischen mit dem Satellitennavigationssystem GPS. Sind die Daten eines Feldes erst einmal erfasst, kann der Traktor automatisch über das Feld steuern. Und moderne Häcksler erkennen mit Sensoren, wo die Maisreihen stehen – und halten so die Spur.
Die Traktorfahrer der Zukunft dürften also weniger Arbeit haben. Landmaschinen-Mechatroniker wird man aber auch dann brauchen.