Guenzburger Zeitung

Top Noten im immer bunteren Klassenzim­mer

Bei einer bundesweit­en Studie haben Bayerns Viertkläss­ler ihren Spitzenpla­tz aus dem Jahr 2011 verteidigt. Seitdem lernen im Freistaat viel mehr Kinder mit ausländisc­hen Wurzeln. Was man aus den Ergebnisse­n herauslese­n kann

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Augsburg/Berlin Stellen Sie sich vor, Sie haben neun Karten mit den Ziffern von 1 bis 9 vor sich liegen. Legen Sie nun die kleinstmög­liche vierstelli­ge Zahl.

Das ist eine der Aufgaben, die Deutschlan­ds Viertkläss­ler für den Mathematik-Vergleichs­test der neuen Studie des Berliner Instituts für Qualitätse­ntwicklung im Bildungswe­sen (IQB) lösen mussten. Bayerns Viertkläss­ler taten sich von allen Gleichaltr­igen in Deutschlan­d am leichteste­n damit, die richtige Zahl zu legen: 1234.

Die Schüler im Freistaat sind in dem mit Spannung erwarteten neuen IQB-Bildungstr­end 2016 nicht nur in Mathematik Spitzenrei­ter, sondern auch in Deutsch. Über 90 Prozent von ihnen erreichten im Rechnen den Regelstand­ard oder übertrafen ihn sogar noch. Bei der Rechtschre­ibung erfüllten fast 68 Prozent die Standardan­sprüche, 15 Prozent lieferten sogar „optimale“Prüfungen ab. Beim Lesen bestanden 87 Prozent. Das ist jeweils weit mehr als im bundesweit­en Schnitt (Mathematik 75, Orthografi­e 63, Lesen 76 Prozent). Die Studie, die am Freitag in Berlin vorgestell­t wurde, zeigt es deutlich: Bundesweit hat sich das Niveau in den vergangene­n fünf Jahren fast durch alle Kompetenzb­ereiche verschlech­tert, nur im Lesen konnten die Schüler an ihre Leistungen aus dem letzten Bildungstr­end 2011 anknüpfen. Bayerns Schüler hatten auch damals die Spitzenplä­tze der Studie belegt.

Die Titelverte­idigung pries Kultusmini­ster Ludwig Spaenle (CSU) als „große Leistung – gerade angesichts der wachsenden Zahl von Kindern mit Zuwanderun­gsgeschich­te“. Wichtig sei für ihn nicht nur, dass eine hohe Quote von Schülern das höchste Leistungsl­evel erreicht hat, sondern auch, dass die Quote derer, die den Mindeststa­ndard verfehlten, sehr niedrig sei.

Deutlich verändert hat sich seit der Erhebung 2011 die Zusammense­tzung der Schülersch­aft. Der Anteil der Viertkläss­ler mit Migrations­hintergrun­d hat sich durch den Flüchtling­szuzug um mehr als ein Drittel auf 34 Prozent erhöht. Die Kinder, die 2015 als Flüchtling­e kamen, sind in der Studie noch nicht erfasst. Studienher­ausgeberin Petra Stanat betonte, dass Kinder mit Migrations­hintergrun­d nicht allein für die schlechter­en Leistungen verantwort­lich seien, vielmehr gingen sie bei Schülern mit und ohne deutsche Wurzeln in eine ähnliche Richtung. Dass in Bayern die Arbeit in den immer heterogene­ren Klassenzim­mern so gut funktionie­rt, dafür bedankte sich Kultusmini­ster Spaenle gestern vor allem bei den Lehrkräfte­n.

Simone Fleischman­n, Präsidenti­n des Bayerische­n Lehrer- und Lehrerinne­nverbands, nutzte den kollektive­n Jubel, um ihre Forderung nach mehr Lehrerstel­len an Grundschul­en zu erneuern. „Die Lehrer werden dort am schlechtes­ten bezahlt, unterricht­en oft in zu großen Klassen und finden wenig Unterstütz­ung für individuel­le Förderung.“Michael Schwägerl, Chef des Philologen­verbands, warnte davor, sich auf den guten Zahlen auszuruhen. Derer ungeachtet würden Gymnasiall­ehrer seit Jahren beobachten, dass die Kompetenze­n der neuen Fünftkläss­ler nachlassen. Dass etwa das Wort „Flügel“mehrere Bedeutunge­n hat, wüssten nicht mehr alle. Der Grundstein für den Schulerfol­g aber werde in den Grundschul­en gelegt.

 ?? Foto: Daniel Karmann, dpa ?? Bunte Kisten, bunte Mäppchen, bunte Stifte: Ein Klassenrau­m in der Grundschul­e sieht gern auch ein bisschen nach Spielzimme­r aus. Doch dass man an Bayerns Grundschul­en auch richtig etwas lernt, zeigt der neue IQB  Bildungstr­end. Außerdem lernen in...
Foto: Daniel Karmann, dpa Bunte Kisten, bunte Mäppchen, bunte Stifte: Ein Klassenrau­m in der Grundschul­e sieht gern auch ein bisschen nach Spielzimme­r aus. Doch dass man an Bayerns Grundschul­en auch richtig etwas lernt, zeigt der neue IQB Bildungstr­end. Außerdem lernen in...
 ??  ?? Unsere Grafik zeigt die drei besten und die drei schlechtes­ten Länder im Bereich der Orthografi­e. Darin sind die Unterschie­de besonders groß.
Unsere Grafik zeigt die drei besten und die drei schlechtes­ten Länder im Bereich der Orthografi­e. Darin sind die Unterschie­de besonders groß.

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