Die RAF kehrt zurück
Tatort: Der rote Schatten
ARD, Sonntag, 20.15 Uhr Was im Herbst 1977 in Deutschland passierte, war ein dramatisches Justizdrama, das die Republik erschütterte – der „Deutsche Herbst“wurde zum Symbol des Terrors. Andreas Baader, Jan-Carl Raspe und Gudrun Ensslin begehen im Gefängnis Stuttgart-Stammheim offenbar Suizid, Baader und Raspe erschießen sich. Ihre Partnerin Gudrun Ensslin erhängt sich dort.
Im Rückblick will sich das Gedächtnis sträuben angesichts der Ereignisse – mit der Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer und der Entführung der Lufthansamaschine „Landshut“, die vor kurzem wieder nach Deutschland zurückkehrte. Wie kann man aus dem Stoff einen „Tatort“machen?
Regisseur Dominik Graf aktualisiert die Geschichte, behält Bezüge dennoch bei und schickt Hauptkommissar Thorsten Lannert (Richy Müller) auf eine Gratwanderung. Auslöser der Story ist eine Frauenleiche und Lannert/Bootz ermitteln entgegen der Weisung des Oberstaatsanwalts. Was auch sonst. Selbst wenn Richy Müller eine Spur zu jung wirkt, erinnert er sich als „Sympathisant“an Protest und Kampf jener Jahre, dass Kollege Sebastian Bootz (Felix Klare) nur so staunt. Für die kriminalistische Schiene sorgt vor allem ein abgetakelter V-Mann, den Hannes Jaenicke ein bisschen rotzig spielt. Der hat offenbar einen „Doppelgänger“bei der RAF, was die Spannung des Films erhöht.
Regisseur Graf beweist seine Hand für gesellschaftlich brisante Stoffe und intelligente Bildführung. Ob es ihm aber mit den historischen Filmschnipseln gelingt, junge Leute für das Thema „Deutscher Herbst“zu interessieren, bleibt fraglich. Doch die Einschübe machen in ihrer Direktheit deutlich, wie der aggressive Protest den gewaltsamen Widerstand gebar, bis hin zum Terrorismus. Dass die Staatsschützer hinter den Morden stecken, ist eine gängige Version, die noch immer diskutiert wird.