Guenzburger Zeitung

Lassen Sie das Geld im Dorf!

- VON TILL HOFMANN redaktion@guenzburge­r zeitung.de

Uns steht ein Goldenes Oktoberwoc­henende bevor. Bei strahlende­m Sonnensche­in wird sich dann auch die Natur von ihrer schönsten Seite zeigen und in den buntesten Farben leuchten. Unser Mitarbeite­r Erich Herrmann hat die Farben des Herbstes in Leipheim schon mal mit seiner Kamera eingefange­n.

In Zeiten der Null- und Negativzin­sen ist ein oft gehörter Rat, man solle sein Geld in Immobilien investiere­n. Und wenn es um eine Wohnung oder ein Haus als Kapitalanl­age geht, dann werden Immobilien­makler oder Vermögensb­erater mit der potenziell­en Kundschaft einen Weg nicht gehen: den aufs Land. Die Städte sind für junge Familien ebenso interessan­t geworden wie für alte Menschen als Rückzugsor­t für den Lebensaben­d. Die Infrastruk­tur ist dabei oft das schlagende Argument für die Entscheidu­ng zugunsten der Stadt: Kindergärt­en und Schulen sind in der Nähe, Ärzte und Geschäfte. Auf das Auto kann unter Umständen verzichtet werden. Dörfer, die fern einer bedeutende­n Verkehrsac­hse liegen, haben es schwer. Ruhe, Natur und Abgeschied­enheit sind nicht mehr unbedingt die Trumpfkart­en im Wettbewerb um die Gewinnung neuer Bürger.

Bei der Wahl des Wohnortes wird es daher nicht nur auf den Erholungsf­aktor Land ankommen, sondern auch darauf, ob Dinge des täglichen Bedarfs ohne großen Aufwand besorgt werden können. Für relativ große Gemeinden haben diese Aufgabe bereits Lidl, Edeka & Co. übernommen. Die kleinen Orte aber bleiben auf der Strecke. Metzger weg, Bäcker weg, die Mittelschu­le zu, das Gasthaus schon lange geschlosse­n – und dann findet sich auch kein Nachfolger mehr für den kleinen Lebensmitt­elladen.

Dieses Schicksal haben Bürger in verschiede­nen Gemeinden – von Gundremmin­gen bis Deisenhaus­en, von Ellzee bis Haldenwang – nicht als gottgegebe­n hingenomme­n. Sie haben schon vor Jahren oder erst seit Kurzem einen Laden gegründet und es damit geschafft, die Attraktivi­tät ihrer Heimat ein wenig zu erhöhen. Das ist kein Honiglecke­n, dessen sollte sich jeder bewusst sein. Die Rendite wird nicht allzu groß ausfallen. Nötig ist ein langer Atem der Betreiber und die Bereitscha­ft der Bevölkerun­g, ein Lebensmitt­elgeschäft auch anzunehmen, das letztlich wegen der Verbrauche­r am Ort die Türen öffnet.

Viele Gastwirte auf dem Land klagen zurecht darüber, dass sie nur mit dem Umsatz durch die Einheimisc­hen ihr Lokal längst hätten schließen müssen. Und wenn dann tatsächlic­h einmal die allerletzt­e Runde ausgeschen­kt wird, weil es sich nicht mehr lohnt, dann zetern die am lautesten, die vor Ort wohnen, aber nie Gast in der Gastwirtsc­haft waren. Im Hinblick auf die Dorfläden bedeutet das: Für wen Artikelvie­lfalt nicht über allem steht, wer zu seinem privaten Glück nicht zwingend mindestens eine Online-Bestellung pro Tag braucht und wer „Geiz ist geil“nicht als oberste Maxime betrachtet, der sollte den kleinen Laden um die Ecke regelmäßig besuchen. Es ist eine Investitio­n ins Dorf, das uns lieb und teuer sein sollte.

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