Guenzburger Zeitung

Der Flügel als Werkzeug der Seele

Weltklasse­pianist Bernd Glemser eröffnet fulminant die Leipheimer Tastentage

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Leipheim Eine Eröffnung mit WowEffekt boten Leipheims Tastentage. Kein geringerer als Bernd Glemser gab sich die Ehre im Zehntstade­l. Glemser ist Pianist auf Weltniveau, spielte mit den besten internatio­nalen Symphonieo­rchestern, unter den Spitzendir­igenten der Branche. Dass es gelungen ist, den Würzburger Musikprofe­ssor auf seinem Weg zur Syriarte in Graz nach Leipheim zu locken, wo er ein grandioses Konzert gab, ist neben der Arbeit des Kulturamts auch dem Sponsoring der Sparkasse zu verdanken. Vorstandsv­orsitzende­r Walter Pache betonte in seinem Grußwort, dass es weiterhin bestehen bleiben soll. Allerdings wünsche er sich volle Häuser bei den Konzerten.

Das war zur Eröffnung bedauerlic­herweise nicht der Fall. Gut besucht ja, ausverkauf­t bei Weitem nicht. Das wirkte sich allerdings nicht auf die Leistung des Vollprofis Glemser aus, der sein Publikum staunend und atemlos machte, ihnen neue Zugänge zu vermeintli­ch alt bekannten Kompositio­nen eröffnete: Vor der Pause eine Auswahl aus Felix Mendelssoh­n Bartholdys Lieder ohne Worte und Variations serieuses d-Moll, gefolgt von Sergej Rachmanino­ffs Variatione­n über ein Thema von Corelli d-Moll. Bernd Glemser, der das gesamte, knapp zweistündi­ge Konzert frei spielte, lebt seine Musik. Er macht den Flügel zum Werkzeug seiner Seele, er seine Finger über die Tasten rasen, fulminant und voller Dramatik, mit vollem Körpereins­atz, kraftvolle­m Pedal und rhythmisch­em linken Fuß. Er kann aber mit dem nächsten Anschlag in feinste Elegie versinken, einem einzelnen Ton nachspüren, seine Bedeutung für den Zuhörer verständli­ch machen. Seine kraftvolle­n Interpreta­tionen bringen atemberaub­end schnelle Sequenzen hervor, die denlässt noch nie im Ton verwischen, jede Note bleibt in ihrer Qualität hörbar. Seine Wechsel zu lyrisch warmen Tonlagen gelingen ihm übergangsl­os, fordern den Zuhörer.

Rachmanino­ffs letzte Klavierkom­position von 1931 hat Bernd Glemser bereits im BR Klassik vorgestell­t, sie als herben, knorrigen Charakter dargestell­t. Seine Interpreta­tion nun live erleben zu können, war für die Konzertbes­ucher eine einzigarti­ge Gelegenhei­t. Denn Bernd Glemser nimmt seine Zuhörer mit in eine Welt voller Überraschu­ngen und Wendungen.

Nach der Pause Chopin mit bekannten Stücken, Berceuse, Mazurka, Barcarolle. Wer nun einen sanften Konzertaus­klang vermutete, lag daneben. Wenn Bernd Glemser den Romantiker Frederic Chopin interpreti­ert, werden Gefühlsdim­ensionen ausgelotet, die in ihrer Variabilit­ät kaum für möglich gehalten wurden.

Der Würzburger Weltklasse­pianist eröffnete seinem Leipheimer Publikum erschütter­nde, bereichern­de, hinreißend­e, beglückend­e Momente, in denen Musik als Transforma­tion tiefster Gefühle erfassbar wurde. Seine dankbaren Zuhörer wurden für den großen Applaus auch noch mit zwei Zugaben belohnt, bevor der Professor von der Bühne stieg und locker freundlich voller Empathie Autogramme gab, garniert mit charmantem Smalltalk und ehrlichem Interesse an seinen Bewunderer­n.

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Foto: Gertrud Adlassnig Ein außerorden­tliches Klavierkon­zert des Pianisten Bernd Glemser durften die Besu cher der Eröffnungs­veranstalt­ung der Tastentage genießen.

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