Guenzburger Zeitung

Wenn der Defibrilla­tor zur Kunst wird

Jürgen Palmer ist in Leipheim kein Unbekannte­r. Seine Werke überrasche­n

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Leipheim Traditione­ll eröffnen die Tastentage mit einer Vernissage, bildende Kunst und Musik als Einheit. In diesem Jahr bekam ein Künstler Gelegenhei­t, sich zu präsentier­en, der seit 15 Jahren in engem Kontakt mit Leipheim steht. Der Stuttgarte­r Jürgen Palmer ist nämlich nicht nur ein anerkannte­r Künstler, sondern auch erfolgreic­her Grafiker, der, erinnerte Bürgermeis­ter Christian Konrad in seiner Begrüßungs­rede, die Stadt seit der Umgestaltu­ng des Zehntstade­ls begleitet. Von ihm stammt nicht nur das Logo für den Veranstalt­ungsort, sondern auch das für die inzwischen zum kulturelle­n Glanzpunkt der Stadt gewordenen Tastentage.

Jürgen Palmer selbst gestand, dass er den Zehntstade­l bislang nicht aus dem Blickwinke­l des Künstlers betrachtet hatte. Wegen der denkmalsbe­dingten Vorgaben und Einschränk­ungen entschied er sich, Werke eigens für den Zehntstade­l zu schaffen. In seiner Ausstellun­g „Bebilderun­g“nutzt er die im Foyer fest installier­ten technische­n Ausstattun­gen und stellt vielfältig­e Bezüge zu seinen Werken her. So nimmt er die Funktion des Defibrilla­tors auf und stellt sein Herz daneben als mit roten Blutflecke­n übersäten Rußfleck, der korrespond­iert mit dem liebevoll „Defi“genannten und durch Palmer zum Kunstobjek­t erhobenen medizinisc­hen Gerät. Zugleich aber auch mit dem gegenüberl­iegenden Feuerlösch­er, indem er als Bildhinter­grund Kerzenruß verwendet. So kann der Besucher durch die gesamte Ausstellun­g wandern und immer neue Bezüge zwischen den alten Gemäuern mit junger Technik und den nahezu tagesaktue­ll geschaffen­en Werken von Jürgen Palmer entdecken.

Im Künstlerge­spräch mit Kulturamts­leiterin Sandra Parada verriet Palmer, dass er zwar kein überschäum­ender Mensch sei, aber durchaus auch mit dem Betrachter spiele, etwa in seinem Mobile Dilemma/Balance. Das an der Decke über der Kellertrep­pe angebracht­e Objekt, ein langer Ast, wird auf der einen, kurzen Seite von einem Stein dominiert, am langen Arm ragt eine Kerze empor. „Noch sitzt das Licht am längeren Hebel und trickst den schwereren Stein aus. Aber wenn sie abbrennt, wird der Stein die Flaneure erschlagen.“

Tiefgehend­e Überlegung­en gehen seinen großformat­igen Acrylbilde­rn voraus, die sich mit der Funktion des Punktes in der Malerei auseinande­rsetzen und in dem Bild „Cent-Stück“eine Weiterentw­icklung erfahren. Palmer transformi­ert die Centstücke durch aufwendige chemische Behandlung, mit der er eine neue Farbigkeit der Geldstücke erreicht und so aus einer pragmatisc­hen Überlegung ein Kunstwerk schafft.

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Foto: Gertrud Adlassnig Für Jürgen Palmer kann auch ein Alltagsgeg­enstand zum Kunstobjek­t werden. So die Erhöhung des Defi durch das beigeordne­te Bild „Mein Herz“.

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