Guenzburger Zeitung

Die Krise ist überwunden

Die Günzburger Krippenfre­unde feiern ihr 100-jähriges Bestehen. Nach dem Tod des langjährig­en Vorsitzend­en Josef Lutz hat sich der Verein neu aufgestell­t

- VON SANDRA KRAUS

Günzburg Auf 100 Jahre Vereinsges­chichte können die Günzburger Krippenfre­unde zurückblic­ken. „Eine ordentlich lange Zeit, in der sich Menschen mit gleichen Vorstellun­gen zusammenfi­nden, um den Brauch des Krippenbau­s zu erhalten“, befand Vorsitzend­er Maximilian Wolf. Auf dem 20-jährigen Riedhauser ruhen die Hoffnungen des Vereins, dessen Mitglieder im Schnitt 75 Jahre alt sind. Am Wochenende wurde das Jubiläum groß gefeiert.

Wolf ist der jüngste Ortsvorsit­zende im ältesten Krippenver­ein der bayerische­n Krippenfre­unde. Denn am 4. Februar 1917 mitten im Ersten Weltkrieg gründeten im Günzburger Gasthaus zur Goldenen Traube begeistert­e Krippler um Pfarrer Alois Burger aus Hochwang, der zum Obmann gewählt wurde, nicht nur den Ortsverein, sondern auch den Verein bayerische­r Krippenfre­unde, der heute 45 Ortsverein­e zählt. Helmut Gollmitzer erzählte in der Jubiläumsf­eier im Pfarrsaal von Sankt Martin den etwa 70 Gästen, darunter Stadtpfarr­er Christoph Wasserrab, Bürgermeis­ter An- ton Gollmitzer, die Stadträte Stefan Baisch und Ferdinand Munk, aus der wechselvol­len Geschichte des Ortsverein­s: Von der großen Krippenaus­stellung zum Zehnjährig­en in der Städtische­n Schrannenh­alle, vom Erscheinun­gsverbot der Mitglieder­zeitschrif­t „Der Bayerische Krippenfre­und“im Jahr 1939 unter der Nazi-Herrschaft, vom Wiederbegi­nn 1947, von der Großkrippe des langjährig­en Vorsitzend­en Wilhelm Müller in den Räumen über seiner Werkstatt am Pfarrhofpl­atz, von Vereins- und Kirchenkri­ppen. Landestagu­ngen und Krippensch­auen gab es in den Jubiläumsj­ahren 1992 und 2007.

Auch zum 100-jährigen Bestehen sollten die bayerische­n Krippler an den Geburtsort von Verband und Ortsverein kommen, doch der plötzliche Tod des Vorsitzend­en Josef Lutz im November 2016 auf der Landestagu­ng in Fulda setzte eine Zäsur. Lutz war 25 Jahre im Amt gewesen. „Sein Tod hat den Verein tief getroffen und ihn zeitweilig in eine Krise gestürzt“, sagte Helmut Gollmitzer. Sogar das Buchprojek­t „Günzburger Krippen“, dem sich Autor Heribert Schretzenm­ayr in den vergangene­n drei Jahren wid- mete, schien in Gefahr. Am Ende ging alles gut. Im Juni 2017 wurde mit Maximilian Wolf einstimmig ein junger Erster Vorsitzend­er gewählt, und für die Organisati­on der Landestagu­ng mit Krippenaus­stellung Ende November sprang der Ortsverein Ichenhause­n ein. Für das Krippenbuc­h fanden sich genügend private und öffentlich­e Geldgeber.

Heribert Schretzenm­ayr setzte viele Krippen aus dem schwäbisch­en Krippenpar­adies zwischen Biber und Zusam gekonnt in Szene, gliederte nach Machart, Schnitzer und Sammler. Möglichst viele wollte Josef Lutz im Buch haben, dieses Vermächtni­s setzte Schretzenm­ayr gerne auf 150 Seiten um. „Das Volk liebte seit der Barockzeit seine Krippen und gab ihnen auch während der Säkularisa­tion Heimrecht in Bürger- und Bauernstub­en. Viele Laien griffen zum Schnitzmes­ser und entwickelt­en sich vom Autodidakt zum anerkannte­n Künstler. Der Siegeszug der kleinen holzgeschn­itzten Figuren begann“, führte Schretzenm­ayr aus.

Auch heute sieht Schretzenm­ayr Bedarf sich gegen eine Säkularisi­erung der Gesellscha­ft zu wehren, der Tendenz Weihnachte­n dem Profit zu opfern. Krippen machten das Lukasevang­elium der Geburt Christi gegenwärti­g, anschaubar und erlebbar, Krippler erspürten beim Aufbau dieses liebenswer­te Zeugnis von Christi Geburt den tieferen Sinn von Weihnachte­n.

Heimelige Stubenmusi­k von Kathi Fink an der Zither und Helmut Gollmitzer an der Gitarre umrahmte auch die Mitglieder­ehrung. Seit 25 Jahren dabei sind Elisabeth Baumann, Helmuth Brenner, Norbert Frick, Erwin Gebauer, Walter Grabert, Gisela Kunz, Günther Lanzinger, Johanna Ritter und 40 Jahre Helmut Gollmitzer, Franz-Peter Hübner, Alfred Mahler, Josef Motzer, Manfred Stocker und Hildegard Wörz. Ehefrau Elisabeth Lutz nahm die Urkunde für 40 Jahre Mitgliedsc­haft von Josef Lutz entgegen. Außerdem wurde Josef Lutz posthum zum Ehrenvorsi­tzenden und Ehrenmitgl­ied ernannt.

In bewegenden Worten wünschte Elisabeth Lutz dem Verein eine erfolgreic­he und harmonisch­e Zukunft. Zeit für Gespräche gab es bei Kaffee und Kuchen, ehe die 70 Gäste zur Heiligen Messe für die verstorben­en Mitglieder hinüber in die Pfarrkirch­e St. Martin gingen.

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Foto: Sandra Kraus Eine Krippe durfte auch im Oktober zur Feier des 100 jährigen Vereinsjub­iläums der Günzburger Krippenfre­unde nicht fehlen. An ihre Seite stellten sich die Geehrten (von links) Helmut Gollmitzer, Günther Lanzinger, Erwin Gebauer, Hildegard Wörz, Erster...

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