Wenn Menschen unter der Brücke leben
Nach dem Film „Zwischenstation“verdeutlichte eine anschließende Diskussion die ausweglose Situation von Obdachlosen. Auch im Landkreis Günzburg haben es Menschen, die ihre Wohnung verloren haben, schwer
Ein Film verdeutlicht die ausweglose Situation von Obdachlosen. Auch im Landkreis haben es diese Menschen schwer.
Günzburg „Man kann schneller so hinkommen, als man denkt“, bemerkte eine Besucherin am Mittwochabend im Günzburger Biigz Kino. In seinem Dokumentarfilm „Zwischenstation“begleitet der Münchner Filmemacher Alexander Bambach zwei Obdachlose, Bernd und Zoltan. Nachnamen sind nicht so wichtig, die unter der Wittelsbacher Brücke in München leben. Veranstaltet wurde die Aufführung vom SKM Günzburg, Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit und Wärmestube.
Der Film, der beim Münchner Dokumentarfilmfestival im Mai seine Premiere erlebte, zeigt Realität: Zoltan baut Skulpturen aus Schnee, Bernd, der den Tod seiner Freundin bis heute nicht überwunden hat, schreibt auf Pappschilder philosophische Weisheiten dazu. Zitate von Konfuzius, Goethe, John F. Kennedy: „Das einzige was auf Dauer teurer ist als Bildung, ist keine Bildung“, ist darunter zu lesen. Den im Frühling immer mehr vorbeikommenden Joggern und Passanten gibt er solche mit, schenkt ihnen auch schon einmal ein Gedicht. Dafür erhält er ab und zu ein paar Euro oder etwas zu Essen – wenn er nicht gerade Pfandflaschen sammelt. Für ihn, als Mitläufer der Gesellschaft, wie er sich selbst bezeichnet, ist das Leben unter der Brücke eine Zwischenstation in seinem Leben. Trotzdem ist Freundschaft, Lebenslust und Kreativität zu erkennen: Bernd Blumen in seinen „Philosophiegarten“, Zoltan bemalt Ostereier. Aber auch die Gegenseite, wie Streit und kämpfende Hunde Obdachloser, werden deutlich. Irgendwann geht Bernd zurück nach Mecklenburg: Nichts soll ihn mehr an München erinnern.
Regisseur Alexander Bambach und Bernd waren am Mittwoch im Kino mit vor Ort. In München lebten unter jeder Brücke Obdachlose, so Bambach. „Wie könne man das aushalten?“, habe er sich gefragt. So sei der Film entstanden. Aber muss man unter einer Brücke wohnen? Der Lösung beim Männerfürsorgeverein schlafen und arbeiten zu können, als lieber nur „herumflacken“, begegnete Bambach anders: „Die Menschen schaffen sich unter der Brücke mehr Privatsphäre als sie woanders haben könnten.“In einem Männerwohnheim dagegen, das sie morgens um 7 Uhr wieder verlassen müssten, seien sie zusammen mit Fremden in ein Zimmer gesteckt. „Die Menschen sind in einer Situation, in der sie gewisse Dinge nicht mehr selbst regeln können, Dinge die für uns ganz normal sind“, so Petra Nzirorera, Leiterin der Wärmestube. Welche Wege führen aus einer solchen Situation heraus? Menschen, die ihre Wohnung verloren hätten und auf der Straße stünden, sei es aus Arbeitslosigkeit, Krankheit oder wenn eine nahestehende Person stirbt, bedürften einer langfristigen Begleitung. Auch im Landkreis scheitere vieles am Wohnungsmarkt mit den für sie oft unpflanzt bezahlbaren Wohnungen. „Es ist nicht einfach, sich in die Situation der Menschen einzufangen“, fügte Maria Jakob von der Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit hinzu. Viele sähen sich schnell zu etwas gezwungen.
Für sie sei der Film ergreifend gewesen, meinte eine Besucherin am Ende der Diskussion. Treffen könne dies jeden, bis hin zum Unternehmer: Die Firma gehe kaputt, die Familie breche auseinander – irgendwann sei man aus der Bahn geworfen. Dennoch sollte man Respekt vor diesen Menschen haben.
„Der Pessimist schimpft über den Wind, der Optimist hofft, dass er sich dreht, der Realist setzt die Segel“, so lautete eine der Weisheiten von Bernd in dem Film. Ob diese auch für die beiden Hauptdarsteller zutrifft? Immerhin: Zoltan hat inzwischen den Sprung aus dem Leben unter der Brücke geschafft. Bernd ist wieder nach München zurückgekehrt. Er werde etwas Neues beginnen, sagt er.
ODer Film „Zwischenstation“wird am 15. November um 19 Uhr noch einmal im Cinepark in Krumbach gezeigt.