Von Neu Ulm aus in 70 Länder
Aus dem größten Lager seiner Art weltweit werden täglich 6000 Ersatzteile für Busse verschickt. Nächstes Jahr wartet auf die Mitarbeiter eine neue Herausforderung
Neu Ulm Bleibt ein Reisebus wegen einer Panne liegen, nennen die Mitarbeiter im Neu-Ulmer Ersatzteillager für Busse das „Vehicle off Road“– und es ist der schlimmste aller Fälle, der einem Reiseunternehmen aus ihrer Sicht geschehen kann. Falls die Servicepartner vor Ort das benötigte Ersatzteil nicht zur Verfügen haben sollten, sorgen die Neu-Ulmer Logistikspezialisten der Firma Evobus dafür, dass innerhalb von 24 Stunden das benötigte Stück beim Kunden ist – „europaweit“, wie Michael Klein, Leiter für Kundenbetreuung, betont. Er zitiert eine Handelsweisheit: „Das erste Fahrzeug verkauft der Händler, das zweite der Service.“Deshalb würden die Verantwortlichen aus den Chefetagen dieses sensible Geschäft auch nicht aus der Hand geben wollen.
Servicepartner in 70 Ländern werden mit den Ersatzteilen aus dem Neu-Ulmer Hauptlager beliefert. Rund 130 000 Artikel sind hier ständig vorrätig. Damit ist das Logistikzentrum in der Otto-RennerStraße, das vor zehn Jahren errichtet wurde, das weltweit größte Zentrallager für Omnibusse. Durchschnittlich 6000 Ersatzteile an 1500 Kunden werden jeden Tag von dort aus innerhalb von zwei Arbeitsschichten verschickt. Der Leiter der Logistikabteilung, Martin Walser, kennt den Verkaufsschlager für Busse: Rückspiegel und Stoßfänger, weil die immer wieder etwas im alltäglichen Betrieb „abbekommen“würden. Spitzenreiter bei den Artikeln, die ins Ausland geliefert werden, seien Luftfilter für Singapur. „Wahrscheinlich wegen der schlechten Luft“, vermutet Walser. Er zeigt auf ein gutes Dutzend Gitterboxen, die jeweils randvoll mit den entsprechenden Kartons gefüllt sind.
Auffallend ruhig ist die Atmosphäre in der 32000 Quadratmeter großen Halle. Elektrisch betriebene Gabelstapler surren, von Mitarbeitern zielsicher gesteuert, durch die 13 Meter hohen Regalreihen, die sich wie Schluchtwände auftürmen. Geleitet werden die Fahrer durch Displays, welche die genaue Lage der benötigten Teile anzeigen. „Papier und Zurufe sind damit Vergangenheit“, erklärt Walser und erinnert sich: „Im ehemaligen Lager an der Carl-Zeiss-Straße ist es da schon lautstärker zugegangen.“Über Rampen, Rutschen und Rollen führt der Weg von rund zweieinhalb Kilometern die Pakete schließlich zur Versandstation. Ein Bildschirm zeigt hier an, wann es zu hohen Frequenzen bei Auslieferungen kommen wird. Lagerleiter Ronny Cortes ist sichtlich stolz auf das Computerprogramm. Schließlich sei die Idee dazu von seinen eigenen Mitarbeitern
„Wir wollten nicht wissen, wie viel wir schon gearbeitet haben, sondern wie viel Arbeit noch vor uns steht.“
gekommen. „Wir wollten nicht wissen, wie viel wir schon gearbeitet haben, sondern wie viel Arbeit noch vor uns steht.“Für solche Vorschläge aus der Belegschaft sei man in der Geschäftsleitung immer offen, so Lagerleiter Cortes: „Wir nehmen diese Ideen auf und prüfen, ob sie wirtschaftlich umgesetzt werden können.“
Etwa 1,8 Millionen Ersatzteile werden jährlich vom Neu-Ulmer Zentrallager aus verschickt. Die Tendenz sei im vergangenen Jahrzehnt immer steigend gewesen, sagt Kundendienstleiter Klein. Auch räumlich seien die Möglichkeiten gut, sich am Standort zu erweitern, erklärt Klein weiter und zeigt auf die freien Flächen rund um die Otto-Renner-Straße.
Einer neuen Herausforderung stellen sich die Mitarbeiter in naher Zukunft, wenn ab dem kommenden Jahr die Evobus Neufahrzeuge serienmäßig mit dem Zentrallager vernetzt sein werden und der Bordcomputer jede Fehlermeldung nach Neu-Ulm übermitteln wird. „Dann könnte von hier aus etwa der Ersatz für eine defekte Lichtmaschine schon losgeschickt werden, noch bevor der Servicetechniker vor Ort die Motorhaube geöffnet hat“, erklärt Klein.