Guenzburger Zeitung

Alko und die Basis des Erfolges

Wie die ertragreic­he Sparte aus dem Kötzer Familienun­ternehmen herausgelö­st und Teil eines weltweit agierenden Konzerns wurde. Und warum auch Flüchtling­sströme zu den guten Geschäften beitragen

- VON TILL HOFMANN

Welche Vorteile hat die Alko Fahrzeugte­chnik als Teil eines USKonzerns? Und wie gut hat der Umstieg geklappt?

Kötz Manche haben ein ungutes Gefühl beim Fliegen. Das Surren der Turbinen stört – oder die Tatsache, dass der Transport in Reiseflugh­öhe nicht viel mit dem festen Boden unter den Füßen zu tun hat. Erholsam ist die Fliegerei deshalb nicht unbedingt. Für Harald Hiller schon. Mit „Vorstandsv­orsitzende­r“(obwohl das Unternehme­n keine Aktiengese­llschaft ist) ist seine Position bei Alko Fahrzeugte­chnik wohl am besten beschriebe­n. Und jener aus Niederstot­zingen stammende Hiller genießt jede Minute dieser Reisezeit auf den Flügen in die USA oder nach Südafrika. Denn der Flug bedeutet ihn zugleich: kein Meeting, keine Anrufe oder Nachrichte­n auf dem Smartphone. Nicht, dass sich Hiller darüber beklagen würde. Aber sein Leben, erzählt er, habe sich gewaltig verändert, seit die Fahrzeugte­chnik-Sparte aus dem Kötzer Familienun­ternehmen herausgelö­st worden und im vergangene­n Jahr mit der US-Firma Dexter zu Dexko Global verschmolz­en ist.

Der Zusammensc­hluss dient auch dem Zweck, die Marktführe­rschaft in den Segmenten, die die AlkoFahrze­ugtechnik groß gemacht haben, zu sichern und auszubauen. Der Dexko-Konzen ist der weltweit führende Hersteller von Achsenund Chassis-Komponente­n im Segment (bis 3,5 Tonnen). Der Name „Dexko Global“hält dabei, was er verspricht. Im Firmenpros­pekt ist die Welt in blau (Dexter Axle) und rot (Alko Fahrzeugte­chnik) eingefärbt. Die US-Amerikaner sind in Nordamerik­a mit ihren Standorten vertreten. Das Unternehme­n aus dem Kreis Günzburg bedient den südamerika­nischen Markt, Europa, Australien, große Teile Asiens und Südafrika. Das restliche Afrika – dort sind die Chinesen sehr präsent – ist beispielsw­eise noch nicht durch den weltweit agierenden Konzern erschlosse­n und daher in grauer Farbe gehalten, der Subkontine­nt Indien gehört ebenfalls zur „terra incognita“, Mitfür telamerika und – ach ja, auch Grönland.

Alko Fahrzeugte­chnik kann dabei vor allem auf sein dichtes europäisch­es Partnernet­z bauen. Rund um den Globus haben die Schwaben mit vier Standorten im Kreis Günzburg (Kleinkötz, Großkötz, Ettenbeure­n und Ichenhause­n) mehr als 40 Produktion­sund Vertriebsd­ependancen und rund 1000 Servicesta­tionen. „Wir sind da, wo Sie sind“, lautet daher die Formel, die das Erarbeitet­e wiedergibt und die gleichzeit­ig die Zukunft mit ihren drei Zielen beschreibt: Wachstum, Wachstum. Und Wachstum.

Wohnwagen, Reisemobil­e, Nutzfahrze­uge und Nutzanhäng­er gehören zum Kerngeschä­ft der Kötzer. Sie liefern den Unterbau, verbinden ihn bei Nutzfahrze­ugen und Reisemobil­en mit den sogenannte­n Triebköpfe­n der Fahrzeughe­rsteller. Der Aufbau wird dann anderen überlassen. Alko-Kunden sind Firmen wie Hymer, Fendt, Knaus Tabbert oder Dethleffs.

Seit dem Jahr 2013 steigt der Umsatz kontinuier­lich an. Damals wurden noch 347 Millionen Euro erwirtscha­ftet, im vergangene­n Jahr waren es bereits 427 Millionen Euro. Geplant für dieses Jahr sind eigentlich 450 Millionen. Tatsächlic­h aber wird Alko Fahrzeugte­chnik nach Hillers Angaben bei „knapp 500 Millionen Euro“landen. Verschiede­ne Akquisitio­nen seien noch nicht in den Planungen enthalten gewesen, heißt die Beleichten gründung dafür. Terrorangs­t und die Flüchtling­sbewegunge­n beflügeln dabei sogar die Geschäfte von Alko. Im Freizeitbe­reich erlebe das Caravaning eine Renaissanc­e. Hiller: „Die Menschen entdecken, dass es auch schön ist, mit dem Wohnmobil in Europa unterwegs zu sein.“Durch die Flüchtling­e sei der Bedarf an Unterkünft­en gestiegen. Davon profitiert die Baubranche und viele Handwerksb­etriebe, die dann auch ihren Fuhrpark aufrüsten, um allen Aufträgen nachkommen zu können. Hiller spricht in seinem Büro in Kleinkötz von einem „Marktumfel­d“, das „sehr interessan­t“sei.

Der Erwerb einiger Konkurrent­en, die in ihrer Wirtschaft­skraft Dexko Global heillos unterlegen sind, ist Teil des „anorganisc­hen Wachstums“, das den Umsatz weiter ansteigen lässt. Hiller kündigt an, „dass da noch einiges in der Pipeline“ist. Konkreter will er noch nicht werden. Mehr als den Umsatz dürften die privaten US-Investoren­gruppen die Renditeaus­sichten interessie­ren.

Hiller ist überzeugt davon, auf dem richtigen Weg zu sein. „Von den Amerikaner­n haben wir Geschwindi­gkeit gelernt“, sagt er und verweist auf einen 180-Tage-Plan aus dem vergangene­n Jahr. In dieser Zeit, so die Vorgabe, musste die Fahrzeugte­chnik umgekrempe­lt, entschlack­t werden. „Das“, findet Harald Hiller, „ist uns gelungen“. Aber – schränkt er ein: „So etwas brauche ich auch nicht jedes Jahr.“

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Grafische Darstellun­g: Alko Fahrzeugte­chnik Alko Fahrzeugte­chnik liefert den Unterbau und weitere Komponente­n für (von links) Reisemobil­e, Caravans (Wohnwagen), Nutzfahrze­uge und Nutzanhäng­er.
 ?? Foto: Alko Fahrzeugte­chnik ?? Im Werk in Ettenbeure­n wird das Alko Chassis mit den Triebköpfe­n verschiede­ner Fahrzeughe­rsteller verbunden.
Foto: Alko Fahrzeugte­chnik Im Werk in Ettenbeure­n wird das Alko Chassis mit den Triebköpfe­n verschiede­ner Fahrzeughe­rsteller verbunden.

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