Sie kommen so schnell nicht aus dem Takt
Wie der Rettenbacher Chor Im Takt abwechslungsreich sein zehnjähriges Bestehen feiert
Rettenbach Sängertraum, Kirschsymphonie oder Tropenklang: Was es da an der Sängerbar so alles gab, machte schon einmal neugierig. Und die Noten und Notenschlüssel an den Wänden verfolgten einen geradezu. Selbst das Klavier, auf dem Franziska Hirle den Chor begleitete, zierte ein solcher. Diejenigen, die sich am Samstag nicht rechtzeitig einen Platz in der Rettenbacher Gemeindehalle gesichert hatten, taten sich schwer, einen solchen noch zu finden.
Na dann, „Hello“erst mal: Winkend und mit einem fröhlichen „Hello my Baby“(Henry O. Millsby) marschierten die 36 Sängerinnen und Sänger auf die Bühne. Nicht im leuchtend grünen Outfit, sondern so wie in der Anfangszeit: in Jeans, weißem Oberteil und gestreifter Krawatte. Dass die Krawatten angeblich aus einem „Ein-Euro-Laden“stammten, kommentierte Moderator Berthold Wetzler mit einem schmunzelndem „Ma hat ja nia a Geld g’hett“. Verständlich, die Gage habe in der Regel ja auch immer aus Naturalien bestanden: Getränke und eine Brotzeit. Dafür brachte der Chor mit der Volksweise „Der Jäger längs dem Weiher ging“diesen erst einmal und gleich vierstimmig ganz schön ins Laufen.
Bei Henry Valentinos Ohrwurm „Im Wagen vor mir fährt ein junges Mädchen“fuhr das Publikum gleich mit hinterher, während die fünfjährige Miriam auf dem Bobby-Car munter im Takt vor der Bühne mitrutschte. Wie ein roter Faden, unterteilt in verschiedene Blöcke, zog sich das zehnjährige Bestehen des Chores durch das Programm. Mit „Oldies but Goldies“präsentierten acht Sängerinnen und Sänger, die „Stammmannschaft“seit der Gründung im Jahr 2017, Klassiker wie „Barbara Ann“und „Only you“. Bei „Simply the Best“begeisterte der Chor, diesmal in schwarzem Outfit, das Publikum mit seinen Lieblingsliedern.
Dass die Sängerinnen und Sänger auch anders können, bewiesen sie im vierten Block. Passend in Dirndl und Lederhose marschierten sie zum „Begegnungsjodler“von Lorenz Maierhofer, zusammen mit der Solostimme von Julia Ruf, ein. Nach dem melodiösen „Weit, weit weg“(Hubert von Goisern) schien es bei „Fürstenfeld“von S.T.S. trotz des wiederkehrenden „I will wieder hoam“, dass sie noch lange nicht nach Hause wollten. Schon gar nicht, nachdem Christian Fiedler und Michael Rau mit Gitarre und Tuba vor die Bühne getreten waren. Die Interpretation der Volksweise „Hans, bleib da“ließ bei Moderator Berthold Wetzler allerdings wenig Freude aufkommen – er brach ab, und der viel zu langsam gesungene hochdeutsche Text verwandelte plötzlich in einen fröhlichen schwäbischen.
Die Zeit zwischen den Blöcken überbrückte Wetzler äußerst gekonnt. Er erklärte, wie Chorleiterin Ingrid Ruf den Chormitgliedern musikalische Dynamik beibringe: „Piano isch wie a Schnäpsle trinken.“Bei „forte“dagegen, der Steigerung, sei es das Glas Wein, das beim „fortissimo“mit der Maß Bier gleichzusetzen sei. Dies dürfte bei „Im Takt“hervorragend funktionieren: Ingrid Ruf führte die Stimmen stets elegant und gekonnt zu einer musikalischen Einheit zusammen.
Im letzten Block zeigte sich der Chor so, wie er heute ist – locker, modern und mit Freude am Singen, die sich auf die Zuhörer übertrug. Mit „Ich war noch niemals in New York“, „Sch-Bum“und „New York, New York“kamen endlich auch die grünen T-Shirt zum Einsatz. Und bei „Mama Loo“von den Les Humphries verwandelte sich der Chor in eine bunte Schar aus munteren und fröhlichen Hippies.
Moderator Berthold Wetzler brachte es ganz am Ende des Konzerts auf den Punkt: „Der wo heut’ net dau war, der hat oifach no net g’leabt.“