Guenzburger Zeitung

Ein Glamour-Girl im Kreml?

Xenia Sobtschak ist die Tochter des Mannes, der Wladimir Putin einst groß machte. Nun will sie für die Präsidents­chaft kandidiere­n. Ein Affront oder doch nur Show?

- Maxim Kireev, n-ost

Zwischen beiden Videos liegt nur ein Jahrzehnt. Gefühlt jedoch sind es Lichtjahre. Es ist das Jahr 2007. Xenia Sobtschak ist Mitte zwanzig, blond, Star-Moderatori­n und als Glamour-Girl regelmäßig auf den Seiten der russischen Hochglanz-Magazine zu finden. Dann taucht im Netz ein verwackelt­es Filmchen von ihr zusammen mit einem Rap-Star auf. Darauf zu sehen ist, wie die beiden Promis sich auf dem Bett rekeln. Es war für beide ein willkommen­er Skandal, schließlic­h hatten sie kurz zuvor ein gemeinsame­s Musikvideo gedreht. Zehn Jahre später überrascht Sobtschak mit ganz anderen Bildern. Wieder zeigt es die Russin in privater Atmosphäre, diesmal jedoch dient ihre Küche als Kulisse. Längst hat sie ihr Image von glamourös zu seriös geändert. Sie ist nun Mitte dreißig, eine kritische Journalist­in, Ehefrau und Mutter eines Sohnes. „Ich will für das Amt des Präsidente­n kandidiere­n“, sagt sie in die Kamera. Sie sei die „Kandidatin gegen alle“, also gegen all jene Politiker, die sich schon seit den 90er Jahren immer wieder zur Wahl stellen und von denen alle, so Sobtschak, die Schnauze voll hätten.

Kann ein ehemaliges Glamour-Girl Russland regieren? Angeblich geht es ihr gar nicht darum, die Wahl zu gewinnen. Vielmehr will sie mit ihrem Namen auf dem Wahlzettel einen Ersatz schaffen für die 2006 gestrichen­e Möglichkei­t, gegen alle Kandidaten zu stimmen.

Die Russin hat einen scheinbar radikalen Wan- del durchgemac­ht. Noch in den 2000er Jahren gehörte sie für die meisten Russen zu den Vertretern der „Goldenen Jugend“, also jenen Zöglingen der neuen Elite, denen es an nichts mangelt.

Als Tochter von Anatoli Sobtschak, dem ersten gewählten Bürgermeis­ter von Sankt Petersburg und politische­n Ziehvater Wladimir Putins, hatte sie ein First-Class-Ticket in Russlands Beletage. Sie absolviert­e eine Elite-Uni. Doch statt einer Karriere im Staatsdien­st schlug Sobtschak Kapital aus ihrer Bekannthei­t. Sie moderierte den russischen Ableger von „Big Brother“und bekam eine eigene Reality Show. Der Bruch mit ihrer Kaste erfolgte, als Sobtschak sich 2011 Protesten gegen die Wahlfälsch­ung bei der DumaWahl anschloss. Nur die wenigsten konnten sich damals vorstellen, dass Sobtschak es ernst meint mit ihrer Kritik an Wladimir Putin, dem engen Freund ihres Vaters. Doch ihre Kontakte zu den Reichen und Schönen des Landes nutzte sie nun für ihre journalist­ische Karriere. Kurz vor der Präsidents­chaftswahl 2012 kritisiert­e sie Putin-Herausford­erer Michail Prochorow, seine Kandidatur sei nur ein Feigenblat­t und mit dem Kreml abgesproch­en. Nun muss sich Sobtschak genau den gleichen Vorwurf gefallen lassen. Wochen bevor sie ihre Kandidatur bekannt gab, sickerte durch, der Kreml suche nach einer weiblichen Herausford­erin für Putin und stehe mit der Journalist­in in Verhandlun­gen.

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Foto: imago

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