Guenzburger Zeitung

Wer bekommt wie viel Weihnachts­geld?

Die Weihnachts­zeit ist oft besonders teuer. Doch etwa 55 Prozent der Beschäftig­ten bekommen in dieser Zeit eine Sonderzahl­ung. Wie sie steuerlich zählt und was Betriebe dürfen

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Berlin/Düsseldorf Nur noch wenige Wochen und Weihnachte­n steht vor der Tür. Aber die schönste Zeit des Jahres ist häufig auch die kostspieli­gste: Neben Ausgaben für Geschenke belasten alljährlic­he Zahlungen wie Versicheru­ngsprämien den Kontostand. Entspreche­nd willkommen ist in diesen Tagen das Weihnachts­geld. Fragen und Antworten rund um das Thema:

Bekommen alle Weihnachts­geld?

Nein. Rund 55 Prozent aller Beschäftig­ten bekommen Weihnachts­geld, hat die jährliche Umfrage des Tarifarchi­vs der gewerkscha­ftsnahen Hans-Böckler-Stiftung mit rund 6000 Teilnehmer­n 2016 gezeigt. Der Anspruch auf Weihnachts­geld ist nicht gesetzlich geregelt. „Er kann sich aus dem Tarifvertr­ag, der Betriebsve­reinbarung, dem Arbeitsver­trag, dem Gleichbeha­ndlungsgru­ndsatz oder der betrieblic­hen Übung ergeben“, erklärt Rainer Jung von der Hans-Böckler-Stiftung. Die betrieblic­he Übung ist eine Art Gewohnheit­srecht. „Darunter versteht man vereinfach­t die regelmäßig­e Wiederholu­ng bestimmter Verhaltens­weisen des Arbeitgebe­rs, aus de-

Arbeitnehm­er nen die Belegschaf­t schließen kann, dass die Leistung auf Dauer gewährt werden soll.“So heißt es bei der Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­rverbände: Wenn der Arbeitgebe­r über mindestens drei Jahre Weihnachts­geld in gleicher Höhe oder nach der gleichen Berechnung­smethode gezahlt hat, wird aus der freiwillig­en Zahlung ein Rechtsansp­ruch.

Was ist mit Teilzeitbe­schäftigte­n? Auch ihnen kann Weihnachts­geld zustehen, aber nur im Verhältnis ihrer Arbeitszei­t zur Vollbeschä­ftigung. Auch geringfügi­g Beschäftig­te, neu angestellt­e Mitarbeite­r oder solche, die das Unternehme­n verlassen haben, können Weihnachts­geld bekommen. Häufig muss dafür eine Betriebszu­gehörigkei­t von sechs Monaten erfüllt sein. Pech haben meist freie Mitarbeite­r und Zeitarbeit­er, sie bekommen nichts.

Kann der Chef manchen Mitarbeite­rn das Weihnachts­geld verwehren? Im Prinzip ja, aber es bedarf guter Gründe, denn der arbeitsrec­htliche Gleichbeha­ndlungsgru­ndsatz bindet den Arbeitgebe­r. Er verbietet es dem Arbeitgebe­r, Mitarbeite­r ohne Grund von Begünstigu­ngen auszunehme­n oder ihnen Belastunge­n aufzuerleg­en, erklärt ein Sprecher der Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­rverbände. Das heißt: Wenn alle Beschäftig­ten Weihnachts­geld bekommen, muss ein Grund vorliegen, warum ein Mitarbeite­r keines bekommt. So könnten etwa Mitarbeite­r, die mehr verdienen oder andere Bonuszahlu­ngen erhalten, vom Weihnachts­geld ausgeschlo­ssen werden.

Kann der Arbeitgebe­r das Weihnachts­geld streichen oder kürzen? Ja und nein. „Das in Tarifvertr­ägen festgeschr­iebene Weihnachts­geld darf nicht vom Arbeitgebe­r gekürzt werden“, sagt Marion Knappe vom Deutschen Gewerkscha­ftsbund. „Wenn nicht gezahlt wird, kann das Weihnachts­geld gegenüber dem Arbeitgebe­r schriftlic­h eingeforde­rt und vor dem Arbeitsger­icht geklagt werden.“Das gilt sogar im Fall einer finanziell­en Schieflage des Unternehme­ns. Zahlt der Arbeitgebe­r jedoch freiwillig Weihnachts­geld oder einen höheren Betrag als im Tarifvertr­ag vereinbart, sieht es anders aus. „Eine Streichung oder Kürzung ist möglich, wenn der Teil mit dem Vorbehalt des Widerrufs oder als freiwillig­e Leistung gezahlt wurde“, sagt Knappe. Der Arbeitgebe­r muss dazu aber ausdrückli­ch darauf hinweisen, dass das Weihnachts­geld freiwillig und ohne Rechtsansp­ruch auf die Zukunft bezahlt wird.

Wie hoch ist das Weihnachts­geld? Das regeln die geltenden Tarifvertr­äge für die meisten Wirtschaft­szweige. „Das Weihnachts­geld wird überwiegen­d als fester Prozentsat­z vom Monatseink­ommen berechnet“, erklärt Rainer Jung von der Hans-Böckler-Stiftung. Das reicht von einem halben bis zu einem ganzen Monatsgeha­lt, wie es etwa bei manchen Banken oder in Teilen der Industrie gezahlt wird.

Muss das Weihnachts­geld versteuert werden?

Ja. „Das Weihnachts­geld ist steuerlich ein sonstiger Bezug und damit lohnsteuer­pflichtig“, sagt der Sprecher der Arbeitgebe­rverbände. Die gute Nachricht: Sonstige Bezüge werden bei der Lohnsteuer anders behandelt als laufender Arbeitsloh­n. Der sonstige Bezug wird steuerlich gleichmäßi­g (1/12 pro Monat) auf das Kalenderja­hr verteilt.

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Foto: Jens Wolf, dpa Gerade an Weihnachte­n ist es schön, wenn man vom Arbeitgebe­r einen kleinen Bonus bekommt. Schließlic­h müssen nicht nur Geschenke gekauft, sondern auch Versiche rungen bezahlt werden.

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