Guenzburger Zeitung

Obstbauer Edeka, Metzger Rewe

Die großen deutschen Lebensmitt­elhändler produziere­n immer mehr Produkte selbst. Für Verbrauche­r ist es allerdings schwer, solche Waren zu erkennen

- Lebensmitt­el Zeitung.

Düsseldorf Edeka geht unter die Obstbauern, Lidl produziert Eiscreme, Rewe backt sein eigenes Brot: Immer häufiger beschränke­n sich die großen deutschen Lebensmitt­elhändler nicht mehr darauf, die Produkte anderer zu verkaufen – sie werden selbst zum Produzente­n. Vorreiter ist dabei Deutschlan­ds größter Lebensmitt­elhändler Edeka. Die Kette verfügt inzwischen über 17 eigene Fleischwer­ke, 16 Backbetrie­be, eine Weinkeller­ei und eine Fruchtsaft­produktion.

Erst im vergangene­n Sommer kaufte Edeka auch noch eine Obstplanta­ge in Mecklenbur­g-Vorpommern mit einer Fläche von 200 Hektar hinzu. „Damit reduzieren wir die Abhängigke­it von der Industrie, erhöhen unsere Flexibilit­ät und sichern die langfristi­ge Warenverso­rgung unserer Kaufleute ab“, begründet das Unternehme­n diese Strategie.

Doch ist Edeka damit nicht allein. Konkurrent Rewe hat ebenfalls vier eigene Produktion­sstätten für Fleisch- und Wurstwaren und erzielt damit einen Umsatz von rund 600 Millionen Euro. Die eigene Bäckerei liefert weitere 172 Millionen Euro an Erlösen. Abgerundet wird das Made-by-Rewe-Sortiment durch eine Blumenerde-Produktion im niedersäch­sischen Warenholz.

Die eigene Herstellun­g erlaube eine schnellere Reaktion auf Veränderun­gen im Markt, heißt es bei Rewe. Außerdem biete sie Vorteile in der Wertschöpf­ung. Zu Deutsch: Sie bringt am Ende mehr Gewinn als der bloße Weiterverk­auf von zugeliefer­ten Produkten anderer Hersteller.

Auch die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) produziert selbst Mine- ralwasser und Erfrischun­gsgetränke, Fleisch- und Wurstwaren, Backwaren, Schokolade und Trockenfrü­chte. Erst vor kurzem nahm die Unternehme­nsgruppe außerdem eine eigene Eiscreme-Fabrik in Betrieb.

Lidl wolle sich damit „unabhängig­er machen von bisherigen Handelsmar­ken-Lieferante­n“, schreibt das Fachblatt Einzig Aldi zeigt sich bislang zurückhalt­end. Zwar betreibt Aldi Süd seit Jahrzehnte­n zwei Röstereien, um die Kunden günstig mit Kaffee versorgen zu können. Doch das war es dann auch. Und Aldi Nord verzichtet sogar ganz auf eigene Produktion­sbetriebe.

Für den Marketing-Experten Martin Fassnacht von der Wirtschaft­shochschul­e WHU ist der Trend zur eigenen Herstellun­g gut nachvollzi­ehbar. „Die eigenen Produktion­sbetriebe steigern die Gewinne der Lebensmitt­elhändler. Denn Edeka, Rewe und Co. können dadurch auch noch den Anteil vom Gewinn kassieren, der sonst an die Hersteller geht“, sagte er.

Und noch ein anderer Aspekt dürfte wichtig sein, ist Marco Atzberger vom Kölner Handelsfor­schungsins­titut EHI überzeugt: „Mit dem direkten Zugriff auf eigene Produktion­skapazität­en sichern sich die Handelsket­ten ihre Lieferfähi­gkeit, auch wenn es in der Branche einmal zu Engpässen kommt.“

Für den Verbrauche­r ist es allerdings meist schwer, die von den Lebensmitt­elhändlern selbst hergestell­ten Produkte vom „normalen“Angebot zu unterschei­den. Denn die Händler verstecken sich gern hinter anderen Namen. So firmiert die Rewe-Fleischpro­duktion unter „Qualitätsm­etzgerei Wilhelm Brandenbur­g“, das Rewe-Brot kommt aus der „Glocken Bäckerei“. Der Edeka-Fruchtsaft wird unter dem Markenname­n Sonnländer verkauft, und die Kellerei des Lebensmitt­elhändlers heißt nicht etwa Edeka-, sondern Rheinberg-Kellerei.

In Zukunft könnten die eigenen Metzgereie­n, Bäckereien und Kaffeeröst­ereien für die Handelsket­ten noch wertvoller werden, glaubt Fassnacht. „Durch den OnlineHand­el könnte die Bedeutung der eigenen Produktion­sstätten und der darin produziert­en Eigenmarke­n für die Lebensmitt­elhändler sogar noch wachsen“, meint er. „Denn die Eigenmarke­n bieten nicht nur höhere Gewinnmarg­en, sondern ermögliche­n es auch, Preisvergl­eichen im Internet zu entgehen.“

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Foto: dpa Edeka hat sich in Mecklenbur­g Vorpommern sogar eine Obstplanta­ge gekauft. Da durch verringert das Unternehme­n die Abhängigke­it von der Industrie.

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