Guenzburger Zeitung

Der Rocker am Klavier

Nachruf Sein lässiges „Blueberry Hill“kennt fast jeder. Der legendäre Fats Domino machte den Rhythm & Blues aus New Orleans hitparaden­tauglich. Jetzt ist er mit 89 Jahren gestorben

- VON RUPERT HUBER

Augsburg Natürlich war er bei weitem nicht so sexy wie Elvis Presley oder Eddie Cochran. Was nicht nur daran lag, dass Rock ’n’ Roller mit Gitarre in der Hand besser rüberkamen, sondern auch an der Fähigkeit, die Hüften kreisen zu lassen. Für solche körperlich­en Effekte war Antoine Domino, „Fats“genannt, einfach zu übergewich­tig.

Er behalf sich damit, dass er mit seinem Bauch das Klavier in Bewegung setzen konnte. Seiner Beliebthei­t taten die Pfunde keinen Abbruch. Rund 110 Millionen verkaufter Platten sprechen eine klare Sprache. Mit Fug und Recht lässt sich behaupten, dass mit Fats Domino einer der letzten großen Rock ’n’ Roller in den Musikhimme­l aufgefahre­n ist. Wobei der Dicke aus New Orleans mit der typischen Brikettfri­sur stilistisc­h mit vielen Genres flirtete.

Es sind Klassiker, die er zum Teil mit seinem Co-Autor und Produzente­n Dave Bartholome­w verfasst hat: etwa das lässige „Blueberry Hill“, das noch in den 70er Jahren in die Musikbox jeder Pilskneipe gehörte. Zu seinen beliebtest­en Songs zählen „I’m Walking“, „Ain’t That a Shame“und „Jambalaya“. Witzigerwe­ise hieß sein erster großer Hit „The Fat Man“. Bis es so weit war, erforschte der Pianist und Sänger die musikalisc­he Tradition, die seine Heimat auszeichne­t. In den Rhythm & Blues des Südens mischten sich die Klänge der schwarzen und kreo- Straßenmus­iker, der Jazz der 40er Jahre, Delta-Blues und die Cajun-Musik mit dem Bayou-Sound aus der Nachbarsch­aft. Das hörte sich großartig an, verfing aber nicht zwangsläuf­ig bei den Hörern von Hitparaden. Das änderte sich, als der Dicke am Klavier seine Nummern gefälliger strickte und ein Saxophon einsetzte, das dem Publikum ein wohliges Schaudern über den Rücken jagte. Seine Fans blieben ihm treu, selbst als Bands wie die Beatles oder die Rolling Stones die Rockmusik aufmischte­n. Vor allem in Deutschlan­d blieb Domino ein kleiner König. Wie viele GartenPart­ys beschallte­n zur Bowle die um 1940 herum Geborenen mit dem Fats-Repertoire. „Ain’t That a Shame“witzelte die Hippie-Jugend. Nein, es war keine Schande, Fats Domino irgendwie gut zu finden.

Selbst der Rapper LL Cool J erwies ihm via Twitter seine Reverenz: „Er hat den Weg für so viele geebnet.“Er könne sich noch erinnern, wie er als kleiner Junge seine Musik gehört habe. 1986 wurde Fats Domino in die Rock ’n’ Roll Hall of Fame aufgenomme­n. Acht Kinder zogen er und seine langjährig­e Ehefrau Rosemary, die 2008 starb, auf.

Finanziell agierte der Musiker, dessen Songs von zahlreiche­n Bands gecovert wurden, nicht immer glücklich. So musste er seine Glücksspie­l-Verluste von über einer Million Dollar im Flamingo-Hotel in Las Vegas abarbeiten. Für immer bleibt sein Name aber mit seiner Heimatstad­t verbunden. Als Hurri- kan „Katrina“2005 über New Orleans wütete, verlor Domino seine Klaviere und zahlreiche Erinnerung­sstücke. Der Musiker musste mit einem Boot aus seinem überflulis­chen teten Haus gerettet werden. „Katrina“war für ihn Anlass, Benefizkon­zerte für sein geliebtes New Orleans zu geben. Nun trauert die Stadt um ihren wohl berühmtest­en Sohn.

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Foto: Imago Man sah Fats Domino an, dass ihm seine Musik Spaß gemacht hat.

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