Illertissens Flaggschiff ist auf Kurs
Das Nautilla feiert sein 25-jähriges Bestehen. Das Freizeitbad hat eine bewegte Geschichte hinter sich
Illertissen Da war diese buchstäblich feuchtfröhliche Abi-Party, einmal und nie wieder. Das Nacktbaden, durch das Illertissen plötzlich bundesweit in den Schlagzeilen war. Das Richtfest auf dem Boden des leeren Schwimmbeckens. Wenn Helmut Weißenhorner, 62, an die vergangenen 25 Jahre denkt, muss er oft schmunzeln, manchmal winkt er ab oder wird ernst. Er hat das Freizeitbad Nautilla von Anfang an begleitet, erst als Hausmeister, später als Techniker.
Dass es das Nautilla gibt, sei einer knappen Entscheidung des Stadtrats zu verdanken, heißt es. Die Stimmen für und gegen das Bad hätten eng zusammen gelegen bei einer der letzten Sitzungen unter der Ägide des scheidenden Bürgermeisters Hermann Kolb. Seit Ende der 1970er war debattiert worden, die Hälfte der Räte war skeptisch, des Geldes wegen – was einzelne laut Erzählungen beim Spatenstich 1990 öffentlich zur Schau stellten: Sie seien wie zu einer Beerdigung in schwarzen Anzügen gekommen. Innerhalb von zwei Jahren und mit Kosten in Höhe von 21,8 Millionen Mark ist das Nautilla schließlich auf einer Wiese in Illertissens Westen, auf der zuvor Schafe grasten, errichtet worden. Anfangs war ein Budget von rund 17 Millionen angesetzt.
„Zum Richtschmaus haben wir eine Treppe ins noch leere Schwimmbecken gelegt und Tische aufgestellt“, sagt Weißenhorner und lacht. Der heutige Geschäftsführer Harry Behne fügt hinzu: „Vor 25 Jahren war das Nautilla etwas Innovatives, Großes. Da gab es nur das Bad Blau im Umkreis. Viele kannten Illertissen allein wegen des Nautillas. Die Bäder in Kempten, Sonthofen und Ulm kamen erst später.“
Ungefähr zu der Zeit nämlich, als im Nautilla die Sache mit dem Nacktbaden die Gemüter erhitzte. „Da ist’s richtig rundgegangen. Das war damals noch ein Tabu. Wir haben sogar Vorhänge im Bad aufgehängt“, erinnert sich Weißenhorner. Einige Illertisser, darunter Kirchenvertreter, störten sich an den FKK-Abenden, Medien der ganzen Republik berichteten darüber. Behne sagt: „Letztlich hat sich das selbst wieder abgeschafft: Die Besucher sind an dem Abend einfach nicht mehr gekommen. So was hat auch nicht zum Familienbad gepasst.“
Bange war den Mitarbeitern zumute, als die Privatisierung des Bades zur Debatte stand. „Gott sei Dank ist daraus nix geworden“, sagt Weißenhorner. Seit 2001 ist das Nautilla nicht mehr rein städtisch, sondern wird an eine BetriebsGmbH verpachtet. Heute sind noch drei der rund 50 Mitarbeiter bei der Stadt angestellt.
Im Nautilla hat sich in den 25 Jahren viel verändert. „Von den alten Geräten ist fast nix mehr da, nur noch Leitungen“, sagt Weißenhorner. Nachdem zur Jahrtausendwende erste Mängel aufgetaucht waren, wurde das Bad nach und nach saniert. Dabei wurden Heizungs- und Lüftungstechnik, Wasserrückgewinnung und Solarstromanlage in Betrieb genommen, was der Energieeffizienz zugutekam. „Länger als drei Wochen mussten wir nie schließen“, sagt Weißenhorner stolz. Anders als in anderen Bädern war nie eine Generalsanierung nötig.
Die Erwartungen der Besucher seien in den 25 Jahren gestiegen. Früher sei eine Dampfgrotte ein Highlight gewesen, die Sauna ein Nischenprodukt. „Da hat das Bad als Anlage an sich funktioniert. Seit etwa zehn Jahren ist der Entertainmentaspekt groß. Wir müssen das Bad mit Leben füllen. Wer gar nix macht, geht unter.“Die erweiterte Saunalandschaft, Kurse wie Babywellness oder Zumba, der neue „Aquaspraypark“für Kinder seien Maßnahmen gewesen. Für das nächste Jahr plant Behne eine Familientextilsauna und eine Chill-outZone
Manchmal war auch zu viel Trubel im Bad
auf der Galerie. Der Stadtrat wird demnächst darüber sprechen. Manchmal war aber auch zu viel Trubel im Bad – etwa bei besagter Abi-Party vor fünf Jahren. Behne und Weißenhorner erinnern sich an Hunderte Teenager, eine schwimmende Bar, Disco-Musik, trübes Wasser am Tag darauf. „Das war ein tierischer Aufwand und ist ein bisschen ausgeartet“, gibt Behne zu.
Das Profil sei ohnehin eher auf Familien sowie Senioren zugeschnitten. Nach dem Boom der Anfangsjahre und einer Flaute zur Eröffnung des Atlantis – heute Donaubad – haben sich die Besucherzahlen mittlerweile bei rund 300000 pro Jahr eingependelt. „Wenn es um Bäder geht, dann auch immer um Geld und Defizite“, sagt Behne. Die Zusammenarbeit von Stadt und Bad sei zuletzt konstruktiver geworden. „Wir müssen argumentieren, wenn wir Geld wollen, und das Gremium muss das hinterfragen. Das ist seine Aufgabe.“