Guenzburger Zeitung

Schlimmer Finger Salomo

- VON TILL HOFMANN redaktion@guenzburge­r zeitung.de

Es war eine lehrreiche halbe Stunde morgens um 9 in der katholisch­en Kirche zu Leipheim. Eine ausgezeich­nete Akustik, eine Zuhörersch­aft, die zwischen einer Person und drei Personen lag – und ein aufgeblätt­ertes, dickes Buch. Was sag’ ich!? Nicht irgendein Buch natürlich, sondern das Buch der Bücher: die Bibel, dessen Übersetzer, ein gewisser Herr Luther, sich vor einem halben Jahrtausen­d um eine verständli­che Sprache bemüht hat. Und jetzt geht es noch bis morgen darum, die gewählten Worte des Herrn Luther dem geneigten Publikum vorzutrage­n.

Die Passage aus dem Alten Testament, die ich lesen durfte, handelte über König Salomo, den Sohn König Davids, der sich, wie wir wissen, von groß gewachsene­n Menschen nicht beeindruck­en ließ. Jener Salomo ist ja vor allem wegen seiner weisen Urteile bekannt. Dabei werden gerne die dunklen Seiten dieses komplexen Charakters unterschla­gen. Der Mann brachte so viele Dankopfer für seinen Gott dar, dass der Gestank nicht nur Tierschutz­organisati­onen auf die Barrikaden gebracht hätte. Und an die Spielregel­n hielt sich der maßlose Herr Salomo auch nicht immer. Entweder war der Schürzenjä­ger omnipotent oder ein fürchterli­cher Angeber oder beides. Der König „liebte viele ausländisc­he Frauen, und zwar neben der Tochter des Pharao moabitisch­e, ammonitisc­he, edomitisch­e, sidonische, hetitische (...) Und er hatte siebenhund­ert vornehme Frauen und dreihunder­t Nebenfraue­n.“So steht es in der Bibel.

1000 Frauen! Das wäre ein Fünftel der Bevölkerun­g Günzburgs – vorausgese­tzt, diese wäre ausschließ­lich weiblich. Aber Hochmut kommt stets vor dem Fall. Das hat der strafende Gott des Alten Testaments König Salomo spüren lassen. Nach dessen Tod wurde sein Reich aufgeteilt.

Wer Thomas heißt und das nicht glaubt: Nachlesen! Erstes Buch der Könige. Morgen wäre die richtige Zeit dafür. Denn wegen Herrn Luther ist auch für das katholisch­e Bayern der Reformatio­nstag einmalig ein Feiertag. Danke, Martin!

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