Guenzburger Zeitung

Buona fortuna Italien!

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Glückliche­s Fußball-Deutschlan­d. Das WM-Ticket in der Tasche, kann es seine Weltmeiste­r entspannt nach England fahren lassen, wo Sané & Co. an geheiligte­r Stätte erfolglos das Wembley-Tor nachstelle­n dürfen, ehe dann die große Langeweile ausbricht und die 80 000 im Stadion die Flüge von Papierflie­gern beklatsche­n.

Am Ende ist nichts passiert. England null, Deutschlan­d null. Es bleibt das Gefühl von Leere und zu viel Entspannun­g. Aber wer möchte um der Aufregung, des Dramas und des Zitterns ein bisschen Nervenkitz­el eintausche­n? Eine Frage, die nach Italien führt, ins Land des viermalige­n Weltmeiste­rs, der seit 1958 keine WM verpasst hat.

Natürlich führt sie auch nach Schweden, wo die Johanssons und Svenssons die Italiener im ersten Play-off-Spiel an den Rand des Abgrundes gekickt haben. Aber würde ein WM-Aus der Schweden heute Abend einen Regierungs­sturz auslösen? In Italien dagegen ist mit Schlimmere­m zu rechnen. Teile der Presse, die den italienisc­hen Fußball betreffend um nichts verlegen ist, sehen die Apokalypse heraufzieh­en.

Nichts also gegen die sympathisc­hen Schweden, die uns Ronnie Hellström, Abba, Ikea und Knäckebrot beschert haben, aber in dieser schweren Stunde sind wir Italiener – mag der Weg in die deutsche Fußball-Hölle auch mit Namen wie Rivera, Rossi oder Balotelli gepflaster­t sein. Phonetisch­e Kompositio­nen, die einem auch im größten Unglück wie eine Panna cotta über die Lippen gleiten und der deutschen Fußball-Seele dennoch die schwersten Wunden geschlagen haben.

Das mag an die feenhafte MatheLehre­rin erinnern, die wir nie für eines unserer Null-Punkte-Werke verantwort­lich gemacht haben – im Unterschie­d zum alten AlgebraKno­chen. Was uns mit den Buffons, Chiellinis und Barzaglis verbindet, ist das abgewandel­t neutestame­ntarische „Du sollst deine härtesten Gegner lieben“.

„Weiße und Azzurri sind keine Gegner, sondern Interprete­n einer Oper, in einem Romeo und Julia des Fußballs“, schrieb Roberto Giardina in seiner „Anleitung, die Deutschen zu lieben“unter dem Eindruck des Jahrhunder­tspiels zwischen Deutschlan­d und Italien bei der WM 1970 in Mexiko. Italien gewann in der Verlängeru­ng 4:3. Zum Schluss traf Rivera.

Aber man muss auch vergeben können. Daraus entsteht mitunter größte Zuneigung. Darum für heute Abend: Buona fortuna!

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