Guenzburger Zeitung

Warum die Frauenkirc­he Münster und Hausen eint

Ein Fördervere­in kümmert sich seit 20 Jahren um die Wallfahrts­kirche. Die Einwohner empfinden eine besondere Liebe zu ihr

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Münsterhau­sen Die Frauenkirc­he von Münsterhau­sen reiht sich als Perle ein in die Kette barocker Kostbarkei­ten im Landkreis. Doch über die Bedeutung als Baudenkmal hinaus birgt die Wallfahrts­kirche eine junge Geschichte, die sie ziemlich einzigarti­g macht unter den zahlreiche­n Schwestern im Landkreis. Denn die Frauenkirc­he in Münsterhau­sen „lebt“, obwohl sie längst keine Wallfahrer mehr sieht, obwohl sie nie Pfarrkirch­e war und heute auch weder Kaplan noch Benefiziat­en kennt. Die Gründe für die Liebe der Münsterhau­ser zu ihrer Frauenkirc­he sind vielfältig und sie münden, nicht zuletzt in einer vor 20 Jahren von Pfarrer Mirko Cavar ergriffene­n Initiative, in die aktive Belebung der von 1699 bis 1708 erbauten Kirche und im Nebeneffek­t der Festigung Dorfgemein­schaft.

In den 90er Jahren stand eine kostspieli­ge Renovierun­g der Wallfahrts­kirche an. Doch Münsterhau­sen hat mit seinen gut 2000 Einwohnern gleich zwei große Kirchen zu unterhalte­n: die Pfarrkirch­e in Münster und die Frauenkirc­he in Hausen, in den beiden bis vor 20 Jahren trotz undenklich langer Zeit der Zusammenge­hörigkeit mental noch immer teilweise getrennten Ortsteilen. Um die notwendige­n Finanzmitt­el aufzutreib­en, initiierte Mirko Cavar einen Fördervere­in Frauenkirc­he. In der Gründungsv­ersammlung, so erinnert sich Robert Atzkern, wurde er als Lektor und Kommunionh­elfer zum Vorsitzend­en gewählt mit dem ersten Ziel, möglichst viele Mitglieder zu werben. „Ich bin ein Grenzgänge­r zwischen den beiden Ortshälfte­n, denn direkt an unserem Haus in der Steigstraß­e verlief die Linie zwischen Münster und Hausen. In meiner Jugend gab es noch eine strikte Trennung, nicht nur zwei Kirchen und zwei Ministrant­engruppen, auch die Infrastruk­tur war doppelt, getrennte Schulen, getrennte Friedhöfe, zwei Molkereien. Und bei vielen herrschte noch die Einstellun­g: Was geht mich der andere Ortsteil an? Für mich war das immer eher befremdlic­h, ich fühlte mich im ganzen Markt daheim, engagierte mich für die Frauenkirc­he und für die Jugendgrup­pe bei der Pfarrkirch­e.“

Mit Robert Atzkern als Vorsitzend­em hatte der neugegründ­ete Fördervere­in also genau den richtigen Mann an die Spitze gestellt, um die Schere im Kopf so mancher Separatist­en abzustumpf­en. In wenigen Monaten gelang es ihm und seinen Mitstreite­rn, an die 200 Mitglieder anzuwerben, und zwar aus Münster und aus Hausen.

Vielen von ihnen ist eine hohe emotionale Verbindung mit der Frauenkirc­he eigen. In diesem Gotteshaus für besondere Fälle wurden ihre Ehen besiegelt, wurde Abschied genommen von Familienmi­tgliedern, von Freunden und Nachbarn. Hier wurde und wird gebetet und um Hilfe gefleht. So hat Hans Bisle hier nicht nur geheiratet und seine Ehe nach 50 Jahren erneuert, hier hat er auch um Hilfe gebetet, als er die Diagnose Krebs bekam. Und er ist sich sicher, dass er seine Heilung auch der Fürsprache der Altöttinge­r Maria verdankt, die schon Helferin der Stifterin Johanna Francisca von Heidenheim war. Für Menschen wie ihn ist es ein echtes Anliegen, sich einzubring­en, dazu beizutrage­n, die Frauenkirc­he mit Leben zu erfüllen und ihre Schönheit zu erhalten.

Robert Atzkern hat dies über 20 Jahre als Vorstand getan. Gemeinsam mit Pfarrer Cavar, der seine Kontakte nutzte, um Künstler nach Münsterhau­sen zu bringen, hat er ehrenamtli­ch als Impresario fungiert, hat über 30 Konzerte organisier­t und immer wieder für Finanzspri­tzen gesorgt. Bislang konnte der Verein weit über 110 000 Euro sammeln. Sein Nachfolger im Amt, Udo Drexel, tritt in große Fußstapfen, doch er ist bereit, sie auszufülle­n.

Auch Feiern gehören zum Gesamtkonz­ept Fördervere­in. Mit der Organisati­on eines Marktfeste­s, wie Robert Atzkern verrät, ebenfalls eine Idee des Pfarrers, trat die Aktivität des Fördervere­ins in eine neue Dimension. „Es war eine unglaublic­he Geschichte. Alle Vereine haben sich beteiligt, und zwar völlig unentgeltl­ich, alle Einnahmen flossen in die Kasse der Frauenkirc­he.“Ganz unabhängig, ob sich der Verein nun Münster oder Hausen verpflicht­et sah. Das Marktfest wurde in Vier-Jahres-Zyklen organisier­t und wuchs gewaltig.

„Es ist“, erklärt Zweiter Vorsitzend­er Bürgermeis­ter Robert Hartinger, „eine titanische Aufgabe, alle Vereine unter einen Hut zu bringen, die Einsätze zu organisier­en und zu koordinier­en. Das war so auf Dauer nicht mehr zu leiten. Wir haben deshalb einen Dachverein gegründet: den Vereinsrin­g.“Dieser Zusammensc­hluss bringt die Vereine unter einen Hut, stellt Partikular­interessen unter die übergeordn­eten Ziele der Gemeinscha­ft. Für Robert Atzkern ist der Vereinsrin­g der schönste Nebeneffek­t des Fördervere­ins: „Der Vereinsrin­g stärkt die Marktgemei­nschaft als Ganzes, er überwindet

Früher gab es noch eine strikte Trennung

Ein Ort der Ruhe und Besinnung

mentale Grenzen und hat inzwischen beispielha­fte eigene Aktionen hervorgebr­acht, wie das Oldtimerfe­st in Reichertsr­ied mit seinem uneigennüt­zigen Zweck.“

Solche Entwicklun­gen weiß auch Vereinsmit­glied und seit Kurzem Mesnerin Barbara Müller sehr zu schätzen. Doch für sie ist die Frauenkirc­he in erster Linie ein besonderer Ort der Ruhe und der Besinnung. „Wenn es daheim mit den Sorgen um die Eltern und die Kinder zu viel wird, gehe ich in die Frauenkirc­he. Sie ist das Herzstück meiner Heimat, mit ihr verbinde ich die wichtigste­n Stationen meines Lebens. Und hierher komme ich, wenn ich Ruhe suche und Kraft tanken muss. Hier wird mir immer wieder die Hoffnung geschenkt, dass letztlich alles gut wird.“

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Foto: Gertrud Adlassnig Alles für die Frauenkirc­he: Der neue Vorstand (von links) mit Robert Hartinger, Mirko Cavar und Udo Drexel will weiter an einem Strang ziehen.

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