Guenzburger Zeitung

Stalking: Angeklagte­r will gestehen

Zu Prozessbeg­inn kündigt der 55-Jährige ein Geständnis zu den Vorfällen in Röfingen an

- VON ALEXANDER SING

Memmingen Zum ersten Mal nach einem Jahr sehen sie sich wieder, eine Frau und ihr Stalker. Er hat ihr Schrecklic­hes angetan, jetzt muss er sich für seine Taten am Landgerich­t Memmingen verantwort­en. Als Karl A. mit seinem Rechtsanwa­lt den Gerichtssa­al betritt, ist sein Opfer bereits da. Die Frau, die er monatelang bedroht haben soll, deren Haus er angezündet haben soll, tritt in diesem Prozess als Nebenkläge­rin auf. Sie zeigt keine Regung, als sie A. wiedersieh­t. Ihre Familie sitzt im Zuschauerr­aum. Auch sie ist, zumindest indirekt, ins Visier des Stalkers geraten.

Zum Prozessauf­takt vor der 1. Strafkamme­r des Landgerich­ts hat der Pflichtver­teidiger des mutmaßlich­en Stalkers nun erklärt, dass sein Mandant die ihm vorgeworfe­nen Taten „in weiten Teilen“gestehen werde. Dass es dazu bei diesem ersten Verhandlun­gstermin noch nicht kam, lag am Fehlen des beauftragt­en Gutachters Dr. Andreas Küthmann. Der Ärztliche Direktor des Bezirkskra­nkenhauses Memmingen soll als Sachverstä­ndiger ein psychiatri­sches Gutachten über den Angeklagte­n abgeben. Dazu muss er alles Wichtige aus dem Prozess mitbekomme­n.

Die Anklage wirft Karl A. Bedrohung, Beleidigun­g, Urkundenfä­lschung, Fahren ohne Fahrerlaub­nis, schwere Brandstift­ung und die Anstiftung zu versuchter schwerer Brandstift­ung vor. Alles begann Ende September des vergangene­n Jahres. Der geschieden­e A. hatte kurzzeitig eine Beziehung mit dem späteren Stalking-Opfer gehabt, bis die Frau diese beendete. Dann begannen die Drohungen. Per Whatsapp beleidigte der 55-Jährige sie, riet ihr, sie solle „schon mal ein Testament“machen. Später schrieb er: „Bei dir brennts wohl bald.“Diese Drohung setzte er laut Staatsanwa­ltschaft wenig später in die Tat um.

In der Nacht vom 3. auf 4. Dezember 2016 zündete der Mann, wahrschein­lich mithilfe eines Brandbesch­leunigers, eine Gartenhütt­e nahe des Hauses der Frau in Röfingen an. Gegen 4 Uhr morgens standen das Häuschen und eine benachbart­e Hütte vollständi­g in Flammen. Das Feuer griff nun auch auf den Dachstuhl des Wohnhauses über. Es entstand ein Sachschade­n von rund 150 000 Euro. Von den fünf Personen im Haus wurde aber niemand verletzt. Zu der Tat war der aus dem württember­gischen Rems-Murr-Kreis stammende A. ohne gültigen Führersche­in und mit gefälschte­n Kennzeiche­n gefahren.

Aber auch nach der Brandstift­ung ging es weiter. Drohungen gegen die Familie der Frau und die Ankündigun­g

Der Mann hatte Kontaktver­bot

eines weiteren Feuers folgten. Ein am 16. Dezember verhängtes Kontaktver­bot hielt A. ebenso wenig von weiteren Taten ab, wie die Tatsache, dass die Polizei Aalen ihn im Vorfeld ein fest- und zweimal in Gewahrsam genommen hatte. A. war auch kurzzeitig zur Behandlung in einer psychiatri­schen Klinik untergebra­cht. Für den nun laufenden Prozess wurde er aber für voll schuldfähi­g befunden.

Dass er schließlic­h doch festgenomm­en werden konnte, ist einem Zeugen zu verdanken. A. hatte den Mann bei einem Treffen am Stuttgarte­r Hauptbahnh­of Ende Januar dieses Jahres dazu aufgeforde­rt, mit ihm zusammen einen weiteren Brandansch­lag in Röfingen zu begehen. Der Zeuge sagte das noch am selben Tag der Polizei. So warteten die Beamten am 1. Februar bereits auf A., als dieser sich um ein Uhr morgens über einen Feldweg erneut an das Haus in Röfingen heranschli­ch. Bei sich hatte er Gaskartusc­hen, ein Teppichmes­ser und ein Feuerzeug. Beim Zugriff hatte A. bereits eine Kartusche direkt an der Hauswand platziert.

Seit dieser Nacht sitzt der Angeklagte in Untersuchu­ngshaft in der Justizvoll­zugsanstal­t Memmingen. Sein Geständnis wird er voraussich­tlich am 1. Dezember abgeben.

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MITTWOCH, 15. NOVEMBER 2017

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