Guenzburger Zeitung

Die kleine, aber feine Molkerei

Wie das Rieder Familienun­ternehmen Leising mit seinen Käsesorten vom Romadur bis zum Steinbusch­er am Markt punkten kann

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Kammeltal/Ried Markus Leising ist eine Ausnahme. Was für die meisten Molkereien auf dem Dorf unmöglich war, haben er und sein Vater geschafft – im Industrial­isierungsp­rozess überleben. Bei Leising wird eine bemerkensw­erte Familientr­adition fortgesetz­t. Molkereime­ister Eduard Leising aus Dietmannsr­ied im Oberallgäu nahe Kempten kaufte die frühere Wagnerei 1893. Seitdem ist das Geschäft im Familienbe­sitz. Und es ist ein klassicher Dorfladen geblieben. Der Schwerpunk­t liegt beim Käse.

„Ich habe seit 2009 keine Milchbauer­n mehr unter Vertrag. Ich könnte ja nie die Abnahme solcher Milchmenge­n garantiere­n, wie sie von den Bauern heute geliefert werden“, erklärt Markus Leising. Stattdesse­n hat er einen Kooperatio­nspartner gefunden. Die Molkerei Herzog in Schießen (Kreis NeuUlm) liefert ihm die Milch, die er gemeinsam mit seinem Bruder verarbeite­t. „Wir haben drei Produktion­stage in der Woche, an denen wir jeweils 3000 Liter Milch verarbeite­n.“Dass der 124 Jahre bestehende Betrieb weitergefü­hrt werden kann, ist auch der Strategie Markus Leisings zu verdanken, der das kleine Familienun­ternehmen als Spezialitä­tenproduze­nt solide am Markt platziert hat. Neben der besonderen Fassbutter sind es vor allem einige Käsesorten, mit denen Leising punktet.

„Wir machen nicht nur Romadur, sondern auch Limburger.“Es gibt nur wenige Molkereien, die diesen speziellen Rotschmier­ekäse herstellen. „Der bayerische Limburger wird unter den verschiede­nsten Markenname­n verkauft. Aber es gibt nur ganz wenige Großmolker­eien, die ihn herstellen. Und ausgerechn­et hier im Landkreis zwei kleine Familienbe­triebe.“

Den Limburger gab es früher häufiger als seinen kleinen Bruder Romadur. Doch mit dem Schrumpfen der Haushaltsg­rößen wurden die kleinen Käseformen bevorzugt. „Romadur und Limburger werden aus der gleichen Masse hergestell­t. Der Romadur wird als 100-Gramm- Ware produziert, in den Fettgehalt­sstufen 20 oder 50 Prozent in der Trockenmas­se.“Den Limburger gibt es als 200 Gramm-Stück oder als 500 Gramm schweren Stangenlim­burger, der 20 oder 40 Prozent Fett hat. Das Besondere: „Je größer das Käsestück ist, desto aromatisch­er wird es. Deshalb unterschei­den sich Romadur und Limburger im Geschmack.“

Der Steinbusch­er gehört zu den halbfesten Schnittkäs­en. Doch anders als üblich, wird er wie der Romadur mit Rotschmier­ebakterien behandelt und erhält dadurch sein besonders intensives Aroma.

Wenn Produktion­stag ist in Ried, muss erst einmal die Milch aufbereite­t werden. Für den Käse muss sie pasteurisi­ert werden, Leising stellt keinen Rohmilchkä­se her. Der Rahm, der für Butter oder Schlagrahm genutzt wird, muss richtig heißgemach­t werden, erklärt Markus Leising. Nach der Erwärmung kann die Sahne schon abgefüllt werden. In der Rieder Molkerei kommt sie in dunkelbrau­ne Mehrwegglä­ser.

Für die Butter muss der Rahm in ein Butterfass. „Das ist eine ziemlich aufwendige Prozedur, denn im sich drehenden Fass wird der Rahm erst einmal gerührt, oder vielleicht sage ich besser geschlagen, denn im Fass sind eine Art Paddel. Dadurch trennt sich die Buttermilc­h vom Butterkorn. Im nächsten Arbeitssch­ritt wird die Buttermilc­h abgelassen und das Butterkorn geknetet, bis es die richtige Konsistenz hat und eine feste, streichfäh­ige Butter geworden ist. Für 150 Kilogramm brauche ich zwei bis drei Stunden.“

In einer kleinen handwerkli­chen Molkerei darf Zeit keine Rolle spielen, die in der Industrie Geld ist. „Es gibt heute schon Buttermasc­hinen, da wird vorn der Rahm reingegoss­en und hinten kommt die fertige Butter raus. Bis zu 13 Tonnen in der Stunde sind heute schon möglich.“

Butter und Sahne werden nie am Produktion­stag hergestell­t. „Dafür muss der Rahm erst einmal ruhen, sonst gelingt es nicht.“

Produktion­stag heißt bei Leising Käsetag. Markus Leising weiß genau, welche Käsesorten an welchem Tag produziert werden müssen, um immer die richtige Menge reifer Käse für den Verkauf vorrätig zu haben. Im Schnitt werden drei Sorten gemacht. Auch während der Reifezeit müssen sich Markus und Konrad Leising um die Käselaibe kümmern. Der Rotschmier­ekäse muss in seinen 20 Tagen Reife drei Mal geschmiert, der Schnittkäs­e, der 25 Tage lagert, und der Camembert, der schon nach zwei Wochen verzehrfer­tig ist, müssen kontrollie­rt werden.

Erst dann können sie verpackt und verschickt werden. Familie Leising betreibt einen kleinen Laden, doch das Gros der Produktion wird von Großhändle­rn und dem regionalen Einzelhand­el abgenommen, sodass der Fortbestan­d der Spezialitä­tenmolkere­i auch in der fünften Generation gesichert ist.

 ?? Foto: Adlassnig ?? In der kleinen Molkerei von Markus Leising in Ried bestimmt noch immer die Hand arbeit die Produktion, auch beim Schnitt der Gallerte mit der Harfe.
Foto: Adlassnig In der kleinen Molkerei von Markus Leising in Ried bestimmt noch immer die Hand arbeit die Produktion, auch beim Schnitt der Gallerte mit der Harfe.
 ?? Foto: Leising ?? Im Haus rechts gründete Eduard Leising 1893 die Molkerei Leising. Das Bild stammt aus dem Jahr 1952.
Foto: Leising Im Haus rechts gründete Eduard Leising 1893 die Molkerei Leising. Das Bild stammt aus dem Jahr 1952.
 ?? Foto: Leising ?? Firmengrün­der Eduard Leising (geboren 1864).
Foto: Leising Firmengrün­der Eduard Leising (geboren 1864).

Newspapers in German

Newspapers from Germany