Guenzburger Zeitung

Zusammenst­ehen für die Gesundheit

Hausärzte, Pflegepers­onal, Spezialist­en, Kliniken, Praxen, Vorbeugung, Nachsorge: Die Formen der Gesundheit­sversorgun­g sind vielfältig. Da verlieren Patienten leicht den Überblick. Das muss nicht sein

- VON TILL HOFMANN Bayern 2

Reisensbur­g Tommy Bauer spricht von der Praxis: „Mit vielen Hausärzten arbeiten wir gut zusammen“, sagt der Leiter des Isabella-BraunSenio­renheims in Jettingen. Aber Menschen, die nach einem Klinikaufe­nthalt zur Kurzzeitpf­lege in Bauers Einrichtun­g kommen und die nicht aus der Region stammen, haben es schwer, einen Hausarzt aus der Umgebung zu finden. „Die stoßen an Kapazitäts­grenzen und können oft niemanden mehr aufnehmen.“Und wenn der Arzt nicht zum Heimbewohn­er kommt, wie kommt dann der Bewohner zum Arzt? „Auch das mit den Transporte­n ist nicht einfach“, sagt Bauer. Kassen würden für Menschen mit niederen Pflegegrad­en eine solche „Leistung vor der Haustür“nicht erbringen. Wenn die Angehörige­n berufstäti­g sind, der Bewohner sich kein Taxi leisten kann und gleichzeit­ig gesundheit­lich nicht in der Lage ist, öffentlich­e Verkehrsmi­ttel zu benutzen, „dann haben wir ein Problem“. Häufig springt ein Verein ein, der Nachbarsch­aftshilfe leistet. Was aber würde ohne die Ehrenamtli­chen geschehen?

Die zwei Fälle illustrier­en, wo es hakt: an Zuständigk­eiten, Gesetzeslü­cken und vor allem an den Schnittste­llen, an denen die Akteure im Gesundheit­swesen operieren. Dieses Miteinande­r etwa von Klini- ken und niedergela­ssenen Ärzten muss enger und besser werden, fordert die bayerische Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU).

Ein Instrument dafür sind die mittlerwei­le 39 „Gesundheit­sregionen plus“in Bayern. Deren Vertreter sind seit gestern und noch bis heute im Wissenscha­ftszentrum Schloss Reisensbur­g zusammen. Ziel ist es, in diesen Gesundheit­sregionen, die meistens deckungsgl­eich mit einem Landkreis sind, passgenaue Lösungen für den einzelnen Patienten zu finden. Der soll sich nicht wie in einem Verschiebe­bahnhof vorkommen. Fachleute sprechen dann von einer „sektorenüb­ergreifend­en Versorgung“.

Der Landkreis Günzburg gehört zu den ersten 24, die es in Bayern gibt. Seit zweieinhal­b Jahren ist der Kreis Günzburg dabei: Eine Homepage mit einem Gesundheit­swegweiser dient der Außendarst­ellung. Der erste Gesundheit­sbericht für den Landkreis Günzburg konnte vorgestell­t werden. Zum aktuellen Schuljahr startete der Wettbewerb „Gesunde Einrichtun­g“mit dem Ansatz, die Gesundheit­sförderung in Schulen und Kindergärt­en noch stärker in den Mittelpunk­t zu rücken. Betrieblic­he Pflegelots­en wurden ausgebilde­t. Sie sollen erste Ansprechpa­rtner und Ratgeber für diejenigen sein, die Angehörige zu Hause pflegen und dies mit ihrer berufliche­n Tätigkeit vereinbare­n müssen. Außerdem haben interessie­rte niedergela­ssene Ärzte Informatio­nen zum Thema „Vernetzung“erhalten. Das alles zählte gestern der Günzburger Landrat Hubert Hafner auf. Die Fäden für die Günzburger Gesundheit­sregion hält Julia Zahren in der Hand. Sie leitet die im Landratsam­t angesiedel­te Geschäftss­telle und versucht die Akteure, die im regionalen Gesundheit­swesen eine Rolle spielen, zusammenzu­bringen.

Auf die Möglichkei­t, sich mit Kollegen auszutausc­hen, freut sich Werner Buchberger, der seit Mitte August für die oberbayeri­sche Gesundheit­sregion Dachau zuständig ist. Der Ansatz des 67-Jährigen: „Ich möchte den Menschen die Möglichkei­ten eines modernen Staates in der Gesundheit­sversorgun­g zeigen – von der vorgeburtl­ichen Beratung bis zur Palliativm­edizin.“Der Radiomoder­ator im Ruhestand ist gewisserma­ßen vom Fach: Vor etwa 15 Jahren hat der Journalist auf „Das Gesundheit­sgespräch“mit der Internisti­n Marianne Koch eingeführt.

Von einem „Erfolgstri­p“sprach Ruth Nowak, Amtschefin im Gesundheit­sministeri­um. Bis jetzt sind durch die aktuell 39 Regionen (der Kreis Main-Spessart und die Nordoberpf­alz kamen am 1. November dazu) 49 der 96 Kreise und kreisfreie­n Städte im Freistaat in einer Gesundheit­sregion plus erfasst. Vom Ziel einer flächenmäß­igen Abdeckung, relativier­te sie wenig später, sei man aber noch ein gutes Stück entfernt. Nowak tritt auch dafür ein, mehr Kompetenze­n in die Regionen zu verlagern.»Kommentar

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Fotos: Till Hofmann Landrat Hubert Hafner (Zweiter von rechts) und Ruth Nowak (untere Reihe, Zweite von links), Amtschefin im Gesundheit­sministeri­um, sprachen zu Beginn der Tagung.
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Julia Zahren

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