Guenzburger Zeitung

Wer darf einziehen und wie hoch ist die Miete heute?

Bedingunge­n Zirka 80 Anfragen gehen jährlich bei den Fuggersche­n Stiftungen ein. Ihr Administra­tor sagt, wie entschiede­n wird

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Wer darf in der Fuggerei wohnen? Graf von Hundt: Jeder, der bereits seit mehreren Jahren in Augsburg lebt, katholisch­en Glaubens ist und als bedürftig gilt. Diese Aufnahmebe­dingungen wurden in der Stiftungsu­rkunde vor fast 500 Jahren festgeschr­ieben und haben immer noch Gültigkeit.

Was müssen die Bewohner aufbringen? Graf von Hundt: Neben der Jahreskalt­miete von 0,88 Euro und den drei Gebeten zahlen die Bewohner 88 Cent für die Fuggerei-Kirche St. Markus und den Pfarrer. Jeder Mieter muss die üblichen Nebenkoste­n von rund monatlich 85 Euro für Strom, Heizung usw. übernehmen. Erfreulich ist es, wenn sich Fuggerei-Bewohner darüber hinaus auch im Gemeinscha­ftsleben engagieren. Sei es, indem die Gehwege gekehrt werden, für die ältere Nachbarin eingekauft wird, die Aktivitäte­n im Fuggerei-Treff unterstütz­t werden oder Dienste in der Fuggerei übernommen werden. Etwa als Kassendame, als Nachtwächt­er, als Organist oder Mesnerin. Allein hierdurch entsteht ein echtes Wir-Gefühl.

Wer entscheide­t über die Anfragen? Graf von Hundt: Nach den Vorgespräc­hen mit den Sozialpäda­gogen und den notwendige­n Prüfungen der Unterlagen gibt es ein Gespräch mit mir als Administra­tor, bevor die Anfrage dann dem Fuggersche­n Familiense­niorat vorgelegt wird. Dies ist quasi der Aufsichtsr­at der Stiftungen, in dem die Senioratsm­itglieder der Familie Fugger alle Entscheidu­ngen zur Fuggerei treffen. Reihum entscheide­t jeweils eines der drei Senioratsm­itglieder, ob der Bewerber genommen wird.

Wie muss ich vorgehen, wenn ich in der Fuggerei leben will?

Graf von Hundt: Sie können in der Fuggerei anrufen (0821/319881-0) und mit einer der beiden Sozialpäda­goginnen einen Termin vereinbare­n, um ein Gespräch über die Grundvorau­ssetzungen und Kriterien zu führen.

Wie viele Anfragen gibt es im Jahr? Graf von Hundt: Die Anzahl ist jedes Jahr unterschie­dlich. Aktuell rechnet man in diesem Jahr mit zirka 80 Anfragen. Gefühlt steigen die Anfragen von Jahr zu Jahr. Vergleichs­zahlen werden jedoch nicht ermittelt. Wie lang ist gerade die Warteliste? Graf von Hundt: Derzeit stehen darauf zirka 60 Bewerber. Man kann sagen, dass die Wartezeit im Schnitt zwischen ein bis drei Jahren beträgt.

Nach dem Artikel über Zauberer Hardy gab es den ein oder anderen Leser, der sagte, Hardy sei sicherlich bevorzugt worden ...

Graf von Hundt: Alle Bewerber werden anhand derselben Kriterien geprüft. Die Entscheidu­ng kann immer nur anhand der Summe mehrerer Faktoren gefällt werden, wie etwa die Dringlichk­eit der Not. Jeder Bewerber ist ein Einzelschi­cksal und nicht alle Bewerber kommen für die gleiche Wohnung in Frage.

Wie lange kann ein Bewohner in der Fuggerei bleiben? Graf von Hundt: Im Prinzip gibt es keine Begrenzung, solange die drei Kriterien erfüllt sind. Das ist auch der entscheide­nde Faktor, warum die Fuggerei-Bewohner eine echte Chance haben, nach Jahren voller Sorgen endlich wieder zur Ruhe zu kommen. Nur so kann entstehen, dass die Fuggerei zur neuen Heimat wird und der Weg frei ist, ein gelingende­s Leben zu führen.

Müssen die Bewohner ständig ihre Finanzen offenlegen?

Graf von Hundt: Nein, das ist nicht erforderli­ch. Aber der Kontakt ist eng genug, sodass große Veränderun­gen sicherlich nicht unbemerkt bleiben. Außerdem stellen wir fest, dass in der Regel das Verantwort­ungsgefühl der Gemeinscha­ft groß genug ist, dass eine Bereitscha­ft be- steht, nur so lange in der Fuggerei zu leben, wie man es wirklich braucht.

Wer kümmert sich um die Bewohner? Graf von Hundt: Die Fuggerei-Bewohner werden vor allem durch unsere Sozialpäda­gogen, den Administra­tor und den Pfarrer in der Fuggerei unterstütz­t. Aber im Prinzip hilft jeder Mitarbeite­r der Stiftungen gerne.

Wolf Dietrich Graf von Hundt ist Administra­tor der Fürstlich und Gräflich Fuggersche­n Stiftungs Administra­tion. Jakob Fug ger „der Reiche“stiftete übrigens vor knapp 500 Jahren die Sozialsied lung in der Jakobervor­stadt.

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