Guenzburger Zeitung

Klima: Alle schauen auf Deutschlan­d

Warum das Ansehen des Vorbilds bröckelt

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Bonn Am Ende sind bei der Bonner Klimakonfe­renz doch noch ein paar Erfolge herausgeko­mmen – etwa bei der finanziell­en Unterstütz­ung von Entwicklun­gsländern. Wichtigste­s Ergebnis ist der Entwurf für ein Regelwerk zur Umsetzung des Pariser Klimaabkom­mens. Er soll in einem Jahr in Polen beschlosse­n werden. Doch so wichtig das Verhandeln auch sein mag – letztlich kommt es aufs Handeln an. Und da tut sich wenig. Ein in Bonn präsentier­ter Report sagt für 2017 einen Anstieg des weltweiten CO2-Ausstoßes um zwei Prozent voraus. China – zuletzt beinahe als neue Schutzmach­t des Pariser Abkommens gefeiert – wird sogar 3,5 Prozent zulegen. Und die USA wollen das Pariser Abkommen verlassen. Doch im Fokus steht Deutschlan­d. Das Land galt immer als Vorreiter in Sachen Klimaschut­z. Umso unangenehm­er ist es aufgefalle­n, dass es weder der Anti-KohleAllia­nz beigetrete­n ist, die sich in Bonn formiert hat, noch irgendwelc­he Zusagen für einen baldigen Kohleausst­ieg gemacht hat.

Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks konnte als abgewählte SPD-Politikeri­n keine Aussagen mehr über den künftigen Kurs treffen, das Gastgeberl­and wirkte dadurch wie gelähmt. „Deutschlan­d war lange das globale Vorbild“, sagt der chinesisch­e Greenpeace-Experte Li Shuo. „Diese Wahrnehmun­g ist jetzt gefährdet. Das Geburtslan­d der Umweltbewe­gung laviert um den nötigen Kohleausst­ieg herum, seine Autoindust­rie hat mit dem Abgasskand­al massiv an Ansehen verloren.“Die einzige Möglichkei­t, Ansehen zurückzuge­winnen, bestehe darin, dass man sein Klimaziel für 2020 doch noch erreiche. Deutschlan­d hat sich vorgenomme­n, bis 2020 mindestens 40 Prozent weniger Treibhausg­ase auszustoße­n als 1990. Nach jetzigem Stand wird dieses Ziel verfehlt – es müsste also etwas passieren. Doch bei den Verhandlun­gen der Jamaika-Parteien in Berlin ist das Thema Klima höchst umstritten.

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