Die Stunde des „Krokodils“
Emmerson Mnangagwa greift nach der Macht in Simbabwe. Ein Neuanfang ist das nicht. Der Politiker gilt als ähnlich skrupellos wie der abgesetzte Despot Robert Mugabe
Harare Nach 37 Jahren ist die Ära des politischen Überlebenskünstlers Robert Mugabe in Simbabwe vorbei. Im Machtpoker um seine Nachfolge hat sich der 93-jährige Präsident verzockt. Der neue starke Mann Simbabwes heißt Emmerson Mnangagwa – jener Mann, den Mugabe kürzlich als Vizepräsidenten feuerte, um seiner Ehefrau Grace den Weg zur Präsidentschaft zu ebnen. Mnangagwa ist wie sein früherer Mentor Mugabe ein skrupelloser Machtpolitiker. In Simbabwe trägt er den Spitznamen „Ngwena“– das „Krokodil“.
Als Symbol für einen Neubeginn in dem niedergewirtschafteten Land taugt der 75-Jährige kaum – zu eng war er lange Zeit mit dem Herrschaftssystem Mugabes verflochten. Seit gestern ist Mnangagwa Vorsitzender der mächtigen Regierungspartei Zanu-PF. Deren Führungsgremium hatte den Parteimitbegründer Mugabe kurzerhand abgesetzt. Mnangagwa soll auch als Spitzenkandidat in die Präsidentschafts- wahl 2018 ziehen. Als Mugabe ihn vergangene Woche feuerte, spitzte sich die politische Krise im Land rasant zu – nur wenige Tage später übernahm das Militär die Kontrolle und stellte den greisen Präsidenten unter Hausarrest. Das Ende der Ära Mugabe hatte begonnen.
Der 75-jährige Mnangagwa galt schon lange als Wunschnachfolger der Armee für das Präsidentenamt. Seit Beginn der Herrschaft Mugabes im Jahr 1980 war er an dessen Seite und als Vizepräsident auch dessen designierter Nachfolger. Doch dann wollte der alte Machthaber lieber seine als prunksüchtig geltende Ehefrau Grace als Nachfolgerin durchsetzen. Mit ihr war Mnangagwa mehr als einmal aneinandergeraten; offenbar war es die machthungrige 52-Jährige, die ihren Mann dazu gebracht hatte, seinen Stellvertreter zu feuern.
Geboren wurde Mnangagwa 1942 im Bezirk Zvishavana im Südwesten des damals noch unter britischer Kolonialherrschaft stehenden Rho- desien, einige Jahre später zog er mit seiner Familie in den Nachbarstaat Sambia. Bereits sein Vater war im Widerstand gegen den Kolonialismus organisiert. Der junge Mnangagwa schloss sich 1966 den Unabhängigkeitskämpfern an und bezahlte dafür fast mit seinem Leben. Er wurde festgenommen und zum Tode verurteilt, hatte aber Glück und wurde später zu zehn Jahren Gefängnis begnadigt. Als Robert Mugabe das Land dann 1980 in die Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Großbritannien führte, machte er den jungen Jura-Referendar Mnangagwa zu seinem Minister für Nationale Sicherheit. Auf dem Posten verantwortete er 1983 brutale Unterdrückungsmaßnahmen gegen Oppositionsanhänger im Land, bei denen etwa 20 000 Menschen getötet worden sein sollen. Seitdem hat der für seine Härte bekannte Politiker verschiedene Posten im Kabinett durchlaufen; die Beziehung zu seinem Mentor Mugabe war nicht immer unbeschwert. 2004 verlor er seinen Posten als Verwaltungssekretär der Partei, weil ihm Ambitionen auf die Vizepräsidentschaft nachgesagt wurden. Doch Mnangagwa kam zurück und wurde wieder in Mugabes engstes politisches Umfeld aufgenommen. Bei den Wahlen im Jahr 2008 war er zunächst zu Mugabes Chef-Wahlberater und wurde später zum Verteidigungsminister bestimmt.
Seit den Jahren des Unabhängigkeitskampfes unterhält das „Krokodil“Mnangagwa enge Beziehungen zu Simbabwes Militär, das ihn heute an der Spitze des Landes sehen will. Einst erklärte er, seine Jahre im Unabhängigkeitskampf hätten ihn gelehrt, „zu zerstören und zu töten“. Die Herrschaft Mugabes scheint er mit seinem Griff nach der Macht nun tatsächlich zu zerstören.
Von Fanuel Jongwe, afp
Wechselhaftes Verhältnis zum greisen Machthaber