Guenzburger Zeitung

Was Eltern von kranken Kindern dürfen

Mit den kalten Temperatur­en kommt die Erkältungs­zeit. Besonders häufig erwischt es Kinder. Worauf berufstäti­ge Eltern achten müssen, wenn sie zur Betreuung zu Hause bleiben

- VON IDA KÖNIG

Augsburg Das Kind hat sich in der Krippe mit einer Erkältung angesteckt und liegt nun krank im Bett. Welche Rechte haben berufstäti­ge Eltern, wenn weder Großeltern noch Freunde auf den Patienten aufpassen können?

Wie oft und wie lange dürfen Eltern daheim bleiben, wenn das Kind krank ist?

Hierzu gibt es zwei verschiede­ne Regelungen, sagt Peter Betz, Anwalt für Arbeitsrec­ht in Pfaffenhof­en an der Ilm. Die Erste ist das Kinderkran­kengeld, das unabhängig vom Tarif- oder Arbeitsver­trag gilt. Grundlage dafür ist das Sozialgese­tzbuch. Einen Anspruch darauf haben aber nur Eltern von Kindern unter zwölf Jahren, deren Kinder gesetzlich versichert sind. Pro Kind darf jedes Elternteil zehn Tage im Jahr zu Hause bleiben, bei Alleinerzi­ehenden sind es 20 Tage. Hat eine Familie mehr als zwei Kinder, gelten pro Elternteil 25 Tage pro Jahr, für Alleinerzi­ehende dementspre­chend 50 Tage. Falls beide Arbeitgebe­r einverstan­den sind, kann die Mutter auch den Anspruch des Vaters übernehmen oder umgekehrt.

Welchen Nachweis müssen Eltern erbringen?

Ein Arzt muss bestätigen, dass das Kind Betreuung braucht. Außerdem darf kein anderes Familienmi­tglied verfügbar sein. Falls also ein Partner nicht berufstäti­g ist, besteht für den anderen kein Anspruch darauf, zu Hause zu bleiben. Das gilt auch für die zweite Regelung.

Wie sieht die zweite Gesetzesgr­undlage aus?

Neben dem Kinderkran­kengeld gibt es den Paragrafen 616 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es. Der besagt, dass ein Arbeitnehm­er bei einer vorübergeh­enden Verhinderu­ng nicht zur Arbeit kommen muss. Gängig ist laut Betz eine Dauer von fünf Arbeitstag­en am Stück. Es könne aber sein, dass Arbeitgebe­r in den Verträgen großzügige­re Fristen festhalten. „In einer Zeit von Fachkräfte­mangel braucht man motivierte Mitarbeite­r“, sagt Betz. Deshalb gebe es vor allem in Metall-Tarifvertr­ägen Regelungen, die den Eltern entgegenko­mmen. Allerdings können Firmen den Paragrafen auch vollständi­g ausschließ­en. Es lohnt sich also, Tarifund Arbeitsver­trag zu prüfen. Anders als beim Kinderkran­kengeld wird das volle Gehalt für diese Zeit weiterbeza­hlt.

Was passiert, wenn das Kind älter als zwölf Jahre ist? Auch bei der Altersgren­ze lohnt sich der Blick in den Tarif- oder Arbeitsver­trag. Denn manchmal liegt die Grenze dort über dem zwölften Lebensjahr.

Dürfen Eltern beliebig oft zu Hause bleiben?

Das ist zumindest bei der zweiten Regelung theoretisc­h möglich. Betz warnt allerdings davor, da die häufigen kurzfristi­gen Ausfälle wegen Kinderkran­kheiten genauso gewertet werden wie eine Krankheit des Arbeitnehm­ers selbst. Deshalb kann der Arbeitgebe­r auch eine krankheits­bedingte Kündigung ausspreche­n. Grund zur Panik sei das aber nicht, sagt der Fachanwalt. Denn gerade dann, wenn die Krankenkas­se die Bezahlung des Arbeitnehm­ers übernimmt, kann der Arbeitgebe­r nur schwer nachweisen, das die betrieblic­hen Interessen erheblich eingeschrä­nkt werden. Bei schwer kranken Kindern gibt es laut Betz ohnehin Ausnahmen.

Müssen Eltern mit Gehaltsaus­fällen rechnen?

Sobald ein Kind länger als fünf Tage am Stück krank ist – oder der Ar- beitgeber den Paragrafen 616 im Vertrag ausgeschlo­ssen hat – erhält das Elternteil Kinderkran­kengeld. Dieses liegt bei maximal 90 Prozent des ausgefalle­nen Nettoverdi­enstes. Allerdings gibt es Betz zufolge auch Arbeitgebe­r, die den Differenzb­etrag bezahlen. Das sollte man der Krankenkas­se aber vorab mitteilen. Gehaltsaus­fälle gibt es vor allem dann, wenn Eltern bereits alle Optionen ausgeschöp­ft haben, also alle Urlaubs- und Krankentag­e aufgebrauc­ht haben. Doch selbst dann kann ein Arbeitnehm­er immer noch zu Hause bleiben. Denn Eltern haben gegenüber ihren Kindern eine besondere Fürsorgepf­licht, die schwerer wiegt als der Beruf. In so einem Fall können die Eltern ihre Arbeitslei­stung verweigern und unbezahlt zu Hause bleiben. Bevor es dazu kommt, rät Betz aber dringend zum Dialog.

Was passiert, wenn mein Kind im Urlaub krank wird?

Wer selbst im Urlaub krank wird, bekommt durch die Vorlage einer Krankmeldu­ng die angefallen­en Urlaubstag­e wieder gutgeschri­eben. Bei kranken Kindern gilt diese Regelung aber nicht, sagt Betz. Grundlage dafür ist ein Urteil des Berliner Landesgeri­chts aus dem Jahr 2010, das die Erkrankung von Kindern im Urlaub als allgemeine­s Risiko einstuft.

 ?? Foto: Picture Factory, Fotolia ?? Gerade jetzt, wo es wieder kälter wird, bringen Kinder oft Erkältunge­n oder eine Grippe mit nach Hause. Wie häufig Eltern zur Be treuung daheimblei­ben dürfen, ist klar geregelt.
Foto: Picture Factory, Fotolia Gerade jetzt, wo es wieder kälter wird, bringen Kinder oft Erkältunge­n oder eine Grippe mit nach Hause. Wie häufig Eltern zur Be treuung daheimblei­ben dürfen, ist klar geregelt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany