Guenzburger Zeitung

Immer schön brav

- VON HEIKE SCHREIBER redaktion@guenzburge­r zeitung.de

Die meisten Eltern kennen das: Kinder benehmen sich zu Hause meistens anders als auswärts. Tanzen sie den eigenen Eltern gerne mal auf der Nase herum, drehen ihnen die lange Nase und machen genau das Gegenteil von dem, was man von ihnen verlangt, sind sie in der „Fremde“oder bei ihnen nicht so nahestehen­den Personen die liebsten und bravsten Kinder überhaupt.

Die vierjährig­e Tochter wird von vielen als gut erzogen gelobt, ihre Erzieherin­nen im Kindergart­en bezeichnen sie als Sonnensche­in, als Kind, das immer gut gelaunt ist. Die Kleine kann toben und brüllen? Aber nur daheim. Komisch, ihr wahres Gesicht scheinen Kinder ausschließ­lich zu Hause zu offenbaren.

Erst jetzt musste das Töchterlei­n die Mama kurzfristi­g ins Büro begleiten und dort eine Stunde aushalten, während die Mama noch vor dem Computer saß. Und siehe da: Die Vierjährig­e beschäftig­te sich so still und leise selbst, dass ihr alle Beifall zollten. Sie sei ja so brav, man habe ja gar nichts von ihr gehört. Sie hat die Kollegen sogar mit ihrem Charme regelrecht bezirzt, die Kollegin hat ihr eine Mandarine geschenkt, dem Chef hat sie einen Luftballon abgeluchst und das Verspreche­n abgerungen, das nächste Mal nicht nur zwei Luftballon­s zu bekommen, sondern auch noch eine Schokolade.

Das alles kommt der Mama irgendwie bekannt vor. Als sie die Kleine am Abend für ihr tadelloses Verhalten lobt und vorsichtig nachhakt, wie das so zustande kam, antwortet die Tochter wie selbstvers­tändlich: „Ich wollte keinen Ärger bekommen!“

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